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Aquitanien
Gute Tropfen, menschenleere Strände, einladende Straßencafés
relax
Savoir vivre - das Leben ist schön.
 
„Die Luft, die Trauben und der Wein von den Ufern der Garonne sind ein ausgezeichnetes Gegenmittel gegen Melancholie.“ Der, der diesen Satz zu Beginn des 18. Jahrhunderts prägte, musste es schließlich wissen. Charles-Louis de Montesquieu stammte nicht nur aus der Gegend von Bordeaux, er war auch ein äußerst belesener Philosoph und Staatstheoretiker. Und wie so viele seiner gewichtigen Schriften, hat auch diese kleine, nebensächliche Lebensweisheit ihre Wahrheit bis heute nicht verloren.
Savoir vivre - das Leben ist schön
Nicht etwa, dass Kiki, die beste Sozia der Welt, oder ich unter plötzlichen Anfällen von Melancholie litten, aber die Garonne, Bordeaux, und überhaupt das ganze, lebensfrohe Aquitanien stand schon lange ganz oben auf unserer Wunschliste. Also steuerten wir Paris, das quirlige Zentrum der „Grand Nation“ an, ließen uns mit dem Verkehr um die Millionenstadt herum spülen und trieben auf der Nationalstraße 10 gen Süden, auf Bordeaux zu. Nicht wirklich spannend, aber immer noch ein gutes Stück besser und bei weitem abwechslungsreicher, als über dröge Autobahnen. Noch ein Stück abwechslungsreicher wurde es dann gestern Abend, genau auf der mächtigen Dordogne-Brücke, wenige Kilometer vor Bordeaux, dem sprudelnden Zentrum des französischen Südwestens. Unser GPS hätte sich keine bessere Stelle aussuchen können, seinen Dienst zu quittieren. Kein Empfang, keine Satelliten, was auch immer. Und vor allem keine Ahnung, wo es lang geht. Irgendwo fand ich eine Lücke in der Leitplanke, versteckte mich dahinter und kramte im Dunkeln die Karte aus dem Tankrucksack. Eine halbe Stunde später waren wir am Ziel, in Pauillac. Klar, dass um diese Zeit keine Campingplatz-Rezeption mehr besetzt war. Wir schoben die Triumph durch die Sperre, rollten bis auf die einladende Zeltwiese gleich am Ufer der Gironde und lagen keine Stunde später in zwei kuschelweichen Schlafsäcken.
So schön könnte das kein Wecker. Auffordernd lässt die Sonne unser Zelt aufglühen. Unsere Welt hinter Stoff leuchtet in strahlendem Rot. Ich wurstele mich aus dem Schlafsack, kämpfe mich durchs Gepäck nach draußen. Tautropfen schillern auf dem Gras, die letzten, schmalen Nebelschwaden verziehen sich gerade ins Nirwana. Am Ende der Wiese strecken die Schilfbüschel ihre Blätter unbeweglich der aufgehenden Sonne entgegen. Dahinter wälzen sich in aller Seelenruhe die braunen Wassermassen der Gironde in Richtung Atlantik. Ein fantastischer Platz für ein Frühstück an frischer Luft.
im Medoc
Wein und Windmühlen im Medoc
Etwas später sind wir schon wieder unterwegs. Es geht geruhsam zu im Norden Aquitaniens. Zumindest hier im Médoc viticole, der legendären Weinregion entlang der Gironde. Wer als Reisender hierher kommt, sucht die Ruhe, die Beschaulichkeit. Und obwohl es hier keine Berge gibt, kaum Kurven und erst recht keine spektakulären Serpentinen sind wir doch nicht allein auf zwei Rädern. Inmitten der Weinreben und der herrschaftlichen Weingüter begegnen wir immer wieder anderen Motorradreisenden. So auch auf der Fähre, die uns in wenigen Minuten von Port de Lamarque quer über die Gironde hinüber nach Blaye schippert. Mathis, französischer GSX-Pilot, ist eher auf der Flucht vor aquitanischer Agonie. Am Nachmittag will er bei Freunden in Paris sein, mit ihnen ein paar Runden drehen und morgen Abend muss er schon wieder arbeiten, hier im Médoc versteht sich. Immerhin reicht die Zeit noch für ein, zwei gute Tipps für uns Touris, dann legt die Fähre polternd an der Kaimauer an und Mathis gibt mächtig Gas. Immerhin liegen rund 500 Kilometer vor ihm und das bis heute Nachmittag.
Blaye, das der Region Blayais seinen Namen gibt, trägt sein Wahrzeichen im Stadtwappen, die mächtige Zitadelle. Gemeinsam mit dem Fort Paté auf der gleichnamigen Gironde-Insel und dem Fort Médoc auf der gegenüberliegenden Flussseite, schützte das Bollwerk die Stadt Bordeaux vor den Angriffen im 17. Jahrhundert. Trotz mehrerer Versuche bissen sich die Engländer hier die Zähne aus. Im Schatten der gewaltigen Festungsmauern liegen einladende Straßencafés, deren Lockrufen wir aber erst mal widerstehen. Uns lockt vielmehr die fantastische Uferstraße in Richtung Bourg. Nur knapp über Wasserhöhe führt der graue Asphalt entlang des glitzernden Stroms. Grüne Picknickplätze und Aussichtspunkte huschen vorbei. Mit ein paar Radwanderern, einem Postauto und zwei, drei altersschwachen Lieferwagen teilen wir uns die idyllische Strecke. Pain-de-Sucre heißt ein kleines Dorf am Ufer – Zuckerbrot. Genau hier vereinigen sich die beiden Flüsse Dordogne und Garonne und fließen die nächsten 75 Kilometer als Gironde gemeinsam in Richtung Atlantik.

In großem Bogen überqueren wir die Dordogne, die Garonne und landen schließlich in Bordeauxs Altstadt. Mehrere Kilometer folge ich den hohen Fassaden der historischen Bürgerhäuser, die sich in einem scheinbar endlosen Band am Flussufer entlang ziehen, nur gelegentlich unterbrochen von noch schöneren Bauten oder harmonischen Straßenzügen und Plätzen. Das spätbarocke Ensemble, zusätzlich geschmückt von Parks und Gärten, Stadttoren, Brunnen und gotischen Kirchen gilt als das Schönste und Größte in ganz Frankreich. Nicht umsonst stehen große Teil unter besonderem Schutz der UNESCO. Auf dem Place des Quinconces, einer der größten Esplanades Europas, parke ich die Triumph im Schatten der dichten Laubbäume und wir tauchen ein in Bordeauxs unüberschaubares Labyrinth von kleinen Gassen, Arkaden und Läden, Museen, Märkten und Monumenten. Schon Victor Hugo, der große französische Schriftsteller, schwärmte von der Hauptstadt Aquitaniens: „Nehmen Sie Versailles, fügen Sie Antwerpen hinzu und Sie haben Bordeaux.“ Besser kann man es nicht sagen.

Den ganzen Tag Kultur, das geht auf keine Kuhhaut. Wir sind mit dem Motorrad hier. Also, vorbei an der Kathedrale, den Basiliken, der Oper, raus aus der Welthauptstadt des Weins, quer durch den Vorort St.-Médard, hinein ins Grün. In die dichten, endlosen Pinien- und Kiefernwälder, durch deren Anpflanzung das einst grundlose, sumpfige Aquitanien überhaupt erst bewohnbar gemacht wurde. Dutzende Liter Wasser entzieht ein einzelner der vielen Millionen Bäume täglich dem Boden. Und zwischen diesen dicken Stämmen hindurch rauschen wir mit der Triumph dem Atlantik entgegen. Und nicht langsam, denn nicht ganz ohne Hintergedanken habe ich die kleine D107 gewählt, die uns an die wellenumtosten Badestrände im Westen führen soll. Nur ganz wenige Autofahrer verirren sich auf diese Route, dafür führt diese schnurgerade durch die Wälder. Will heißen, man sieht, was sich drei Kilometer vor einem auf dem Asphalt abspielt. Die Versuchung ist enorm, ordentlich am Gas zu drehen, sich den Wind kräftig um den Helm rauschen zu lassen. Und ich gebe zu, dass ich nicht jeder Versuchung widerstehen kann. Jedenfalls nicht bis zu dem Moment, wo mich ein heftiges Klatschen aus der Verzückung holt. Mit Erstaunen stelle ich fest, wie viel Biomasse in einem einzigen Insekt stecken kann. Die rechte Visierhälfte ist so gut wie blind und mit einigem Erschaudern denke ich daran, wie gerne ich schon mal mit offenem Visier durch die Landschaft düse.
Diashow
In Lacanau-Océan treffen wir ihn dann schließlich zum ersten Mal, den Atlantik. Hier sind wir nicht mehr allein. Lacanau gehört zu den beliebtesten Badeorten der aquitanischen Küste. Regelmäßig kommt hier die crème de la crème der Surfer und Wellenreiter zusammen, dann stehen Weltmeisterschaften und Cups auf dem Terminkalender. Oberhalb des goldgelben Strands stelle ich die Triumph ab. Richtig voll ist es meistens nur an den Orten. Wenige hundert Meter rechts oder links davon, wird der Strand schnell leerer. Kiki und ich schlendern ein paar Minuten an der Wasserlinie entlang. Strahlend weiß brechen sich die Wellen über dem Sand. Erfrischende Gischtwolken hängen in der Luft. Wir schmeißen die Klamotten in den Sand - eine Badehose braucht es an abgelegenen, französischen Stränden nicht unbedingt - und springen ins eiskalte Nass. Okay, ein graziler Sprung ist es ob der Wassertemperatur nicht wirklich, aber es sieht ja kaum jemand.
Traumstrand
Ohne Worte
Ein angenehmes Sonnenbad später rollen wir durch den Forêt de Lacanau gen Norden. Die Luft ist erfüllt vom intensiven Duft der Pinien. Die Sonne blitzt zwischen den Baumspitzen hindurch. Sanft schlängelt sich der Asphalt durch die Dünen- und Nadelwaldlandschaft. Kilometerlange Radwege und der Fernwanderweg GR8 begleiten uns entlang des Atlantikufers. Bei Maubuisson setze ich den Blinker. Das kleine Dorf liegt am riesigen Binnensee Lac d'Hourtin-Carcans. Ein fantastischer, blendend weißer Sandstrand bildet den perfekten Übergang vom dichten, grünen Wald ins strahlend blaue Wasser des Sees. Früher lebte man hier von der Harzgewinnung in den umliegenden Wäldern, heute ist der Tourismus Einnahmequelle Nummer eins. Ich lasse die Tiger direkt vor dem Straßencafé ausrollen. Zwei heiße café noir machen uns schnell wieder munter, bevor es quer durch die Nadelwälder wieder zurück nach Pauillac geht.
Urlaub am Atlantik, das ist Badeurlaub, klar. Noch zwei-, dreimal pendeln wir zwischen dem beschaulichen Médoc und den quirligen Badeorten am Atlantik. Lacanau, Carcans, Hourton, aber vor allem Soulac oben am Nordende der Médoc-Halbinsel haben sich voll auf den Baderummel eingestellt. Hier geht im wahrsten Sinne des Wortes die Post ab. Tags wie nachts - bis tief in die Dunkelheit drehen sich hier die Karussells, sind die Terrassen, Cafés und Bars ebenso gut gefüllt wie manche Touristen. Wer es ruhiger mag, findet weite, menschenleere Sandstrände ohne Ende, an denen man sich fühlt wie einst Robinson auf seiner unberührten Insel.
Weiter unten, im Süden des Golfe de Gascogne, suchen wir uns einen Campingplatz nicht weit weg vom Strand. Der ist schnell gefunden, es hat keinen Mangel an freundlichen, einladenden Plätzen in Aquitanien. Tagsüber erkunden wir mit der Triumph die Region, rauschen durch die Wälder der Gascogne, folgen dem Fluss Adour entlang seines wild mäandernden Laufes bis zur historischen Stadt Mont-de-Marsan oder dem idyllischen Dörfchen Roquefort. Am Abend, wenn sich die Strände des Atlantiks leeren, wandern wir zu Fuß eben genau dort hin. Unter dem Arm die Decke und den Picknickkorb. Eine Flasche des guten Médocs, frisches Baguette aus der Boulangerie, würziger Käse, ein bisschen Schinken aus der Region - zum Dessert gibt es etwas Obst und einen romantischen Sonnenuntergang in allen erdenklichen Farben draußen über dem Meer. Einfach fantastisch!
Und es gibt sie auch in Aquitanien, die klassischen Motorradstrecken, die mit den vielen Kurven, mit den Serpentinen, mit den kilometerweiten Ausblicken hoch über die französischen Berggipfel. Ganz unten im Süden, wo das flache Land der Gascogne erst allmählich, dann immer wilder und steiler ansteigend übergeht in die Bergwelt der Pyrenäen, jenseits des Flusses Adour, südlich von Dax. Hier beginnt das Baskenland, die Côte Basque, mit ihren steilen Felsabbrüchen ins Meer, mit den spektakulären Anstiegen und einer der schönsten französischen Küstenstrecken, der Corniche Basque. Biarritz, das mondäne Seebad, ist unser Basislager. Etwas südlich davon bei Bidart liegt ein Campingplatz gleich in Sichtweite des Sandstrandes. Nach dem Kiki und ich am Abend noch unser Zelt aufgebaut haben, schwingen wir uns auf die Triumph und folgen der Küstenstraße hinein in Biarritzs Zentrum. Das heißt, erst mal kommen wir nur bis zur Stadtgrenze. Hier stoppt uns die französische Staatsgewalt in Form blau uniformierter Polizeibeamter. Ein besonders grimmig dreinschauender Vertreter der Exekutive verlangt nach unseren Papieren. Sein Kollege sichert mit umgehängter Maschinenpistole. Als sein Blick auf unser deutsches Nummernschild fällt, scheint es sich ein wenig zu entspannen. Und auch der Kontrolleur wird angesichts unserer Papiere umgänglicher. Er kann uns gar nicht schnell genug loswerden. Je tiefer wir ins Baskenland eintauchen, umso öfter begegnen wir solchen Kontrollen. Auch Motorradpolizisten rauschen immer wieder an uns vorbei. Meist in der wohl bekannten Uniform, knackige Lederhose und frisch gestärktes Hemd. Was da wohl die deutsche Berufsgenossenschaft dazu sagen würde? 
Am Strand von Biarritz
Getümmel am Strand von Biarritz
Biarritz empfängt uns mit der gewohnten Betriebsamkeit. Rasende Roller, prall gefüllte Straßencafés, Lieferwagen, die wie der Fels in der Brandung mitten im Verkehr parken - zum Glück passt die Triumph über den Bürgersteig -, fröhliche Urlauber, die jede Straße zur Fußgängerzone umfunktionieren, ein System von Einbahnstraßen, dass schon mal etwas größere Umwege bedingt und eine Beschilderung, die eigentlich gar keine ist. Ganz in der Nähe des Hauptbadestrands parke ich das Mopped inmitten einer langen Reihe weiterer Zweiräder. So, wie die Motorräder in Reihe und Glied stehen, jede Wachkompanie würde neidisch werden, so präsentieren sich auch die bunten Stoffzelte am Strand. Wie mit dem Zollstock ausgerichtet, als bildeten sie ein Bollwerk zwischen den Wellen des Atlantiks und den alten Häuserzeilen des Seebades, beherbergen sie die Badegäste der 30 000-Einwohner-Stadt. Und von denen, den Badegästen, gibt es reichlich. Seit 1854, seit Napoléons Ehefrau, die Kaiserin Eugénie, Biarritz als ihr Lieblings-Bade-Domizil entdeckte, geht es mit dem einst beschaulichen und ruhigen Fischerdorf steil bergauf. Könige und Staatsmänner, Schauspieler und Künstler entdeckten die Stadt für sich. Während der Belle Epoque gaben sich hier Prominente die Klinke in die Hand. Ganz so mondän ist es heute nicht mehr, Biarritz gibt sich sportlich, ist fest in der Hand braun gebrannter Surfer, aber dennoch ist immer noch der exklusive Hauch zwischen den klassischen, reich verzierten Häuserzeilen zu spüren. In einem der Restaurants - vor der Tür parken drei, vier Harleys - kommen wir ins Quatschen, bekommen ein paar gute Ausflugstipps und ein hervorragendes Stockfischgericht.
Einen dieser grandiosen Tipps testen wir gleich am nächsten Morgen. Über Ascain, Ainhoa und Espelette schrauben wir uns entlang genialer Straßen die Flanken der Pyrenäen empor. Welch eine Abwechslung nach dem flachen Land der Gascogne. Von einem Extrem ins andere. Wir schlängeln uns durch das wild romantische Tal des Flüsschens Nive. Während rechts und links von uns steile Felswände aufsteigen, begleitet uns das plätschernde und sprudelnde Wasser entlang der schmalen, einspurigen Straße. Der Gegenverkehr, wenn es denn überhaupt mal welchen gibt, kann nur auf den wenigen Ausweichstellen passieren. Selbst mit zwei Moppeds wird es schon knapp. Hinter dem Pas de Roland, einer spannenden Felsformation in dem schmalen Tal, zweigt die Auffahrt über den Col de Méhatché auf den knapp 1000 Meter hohen Gipfel des Artzamendi ab. Satte 19 Prozent, am Ende vielleicht noch ein paar mehr, weist die Rampe auf. Wie eine Schlange windet sich der Asphalt immer höher hinauf. Mit jedem Meter wird es ein wenig frischer, angenehm. Oben auf dem Gipfel rollen wir vor einer mächtigen Funkanlage aus. Das Panorama ist einfach überwältigend, scheinbar unendlich weit fällt der Blick auf die umliegenden Berge, Wälder und Täler. Halbwilde Pferde grasen in kleinen Gruppen auf der steppenartigen Kuppe. Der ideale Platz für unser Picknick.

Es ist schwer, sich hier oben wieder loszureißen. Aber schließlich hatten die Harleyfahrer in Biarritz noch einen Trumpf in der Tasche und wir hatten in weiser Voraussicht die Karte dabei. Also treibt es uns weiter durch das Nive-Tal bis nach St. Jean-Pied-de-Port. Das idyllische, manchmal jedoch ein klein wenig überfüllte Dorf ist den Frommen unter uns sicher ein Begriff. Es ist schließlich der letzte Ort in Frankreich auf dem Pilgerweg in das spanische Santiago de Compostela und damit der Startpunkt für viele Wanderer auf der spanischen Etappe. Auch Kiki und ich starten hier. Für die nächsten Kilometer begleiten wir die Pilger auf ihrem steilen Weg hoch hinauf auf den 1337 Meter hohen Col de Bentarte, auf dessen Gipfelpunkt die französisch-spanische Grenze liegt. Klar, dass wir mit dem Mopped jede Menge zu Fuß gehende Pilger auf der Bergstraße, der D428 überholen. Aber Respekt, die drei Winkel in unserer Michelinkarte deuten schon eine knackige Steigung an. Und es geht richtig steil hoch, die Triumph bekommt ordentlich zu tun. Und mit jedem Meter geht es höher hinauf. Wie im startenden Flugzeug fällt der Blick immer weiter hinaus in die grandiose Landschaft. Berggipfel für Berggipfel schält sich aus dem Horizont. Immer tiefer werden die Einblicke in die umliegenden Täler. Mehr als einmal halte ich am Straßenrand an und wir genießen das fantastische Panorama. Grün, wohin das Auge blickt, in allen Schattierungen, in allen Formen. Dazwischen wandern Pferde und Kühe einträchtig nebeneinander auf schmalen Pfaden, nicht eingezäunt und ganz schön neugierig. Bis auf wenige Meter nähern sich die Vierbeiner, checken die Lage und schlendern wieder von dannen. In einer großen Schleife über die D301 und durch den Forêt d'Orion kurven wir wieder zurück ins Tal der Nive. Gerade richtig, um in St. Jean-Pied-de-Port einen großen, erfrischenden café au lait zu genießen. Und wie das so ist im Café, draußen an der frischen Luft - man reflektiert das Erlebte, zieht Bilanz, und wir sind uns beide schnell einig. Diese Runde war ein Traum!

In den Pyrenäen
Entlang der Nive in den Pyrenäen
Dass das aber noch nicht alles war, in dem Grenzgebirge zur Iberischen Halbinsel, ist auch klar. Hier am Südende Aquitaniens, im Euskadi, dem Baskenland, verstecken sich noch Dutzende spannender und kurzweiliger Strecken und Ziele. Aber wir sind ja auch noch ein paar Tage hier. Und dann später, ganz am Ende unseres Trips, werden wir es mit dem weisen Ausspruch des genialen Dichters und Denkers Voltaire halten, der ja bekanntlich auch durch Aquitanien reiste: „So viel ist sicher: Reisen tut immer gut “
 
Text und Fotos: Hans Michael Engelke
 
Kurzinfos Aquitanien
info ALLGEMEINES  Aquitanien liegt im Südwesten Frankreichs. Im Norden bildet der Mündungstrichter Gironde, der von den Flüssen Garonne und Dordogne gespeist wird, die natürliche Grenze der Region, nach Süden die Pyrenäen. Westlich liegen die Strände des Atlantiks, im Osten reicht Aquitanien bis zu ca. 150 Kilometer ins Landesinnere Frankreichs.

Während der Norden durch den kalkhaltigen Boden die idealen Voraussetzungen für die wohl weltbesten Weine aufweist, glänzen die Flussniederungen und das Pyrenäenvorland mit recht fruchtbarem, landwirtschaftlich genutztem Terrain. Die weitaus größte Fläche des aquitanischen Beckens war jedoch bis zum 18. Jahrhundert kaum durchdringlicher Sumpf. Die intensive Aufforstung mit Nadelbäumen entwässerte diesen jedoch und es entstand dadurch der größte zusammenhängende Wald Frankreichs, der Forêt des Landes.

Jahrzehntelang lebte man von Land- und Forstwirtschaft, Harzgewinnung und Schafzucht. Außer in den wenigen größeren Städten ist Aquitanien immer noch sehr ländlich. Es entwickelten sich jedoch kleinere Zentren und Industriestandorte, die mit dem Tourismus zur Haupteinnahmequelle der Region gehören.

Die Römische Provinz Gallia Aquitana war noch wesentlich größer als das heutige Aquitanien. Später siedelten hier die Westgoten, dann wurde Gallien von den Franken erobert. Von Süden drangen die Basken aus den Pyrenäen vor. Die Mauren und die Karolinger gaben sich die Klinke in die Hand. Es folgten diverse Herzöge und Könige. Heute ist Aquitanien ein sogenanntes Établissements public unter der Leitung eines Regionalpräfekten.
   
flug STRECKENLÄNGE / ANREISE / ZEITAUFWAND
Nordlichter reisen über Paris an. Am schnellsten geht es dann über die Autobahn A10 gen Süden. Schöner und abwechslungsreicher ist jedoch die N10, die allerdings teilweise autobahnähnlich ausgebaut ist. Vom Süden der Republik ist eine Anreise über die N89 etwa über Lyon oder Clermont-Ferrand möglich. Aquitanien lässt sich auch sehr schön als Abschluss einer Pyrenäenfahrt „mitnehmen“.

Die Entfernungen innerhalb Aquitaniens sind überschaubar, die Anreise allerdings nicht von Pappe. Köln - Bordeaux ca. 1000 km, München - Bordeaux rund 1300 km. Für einen Trip durch Aquitanien mit ein bisschen Sightseeing sollte man wenigstens eine Woche einplanen. Das ist aber schon arg knapp, mit Badetagen und Pyrenäenerkundung ist  ein Jahresurlaub ideal.
   
REISEZEIT  Das Klima Aquitaniens ist überwiegend recht mild, so beträgt die durchschnittliche Temperatur bei Bordeaux über das ganze Jahr hinweg rund 15 Grad. Im Sommer kann es knackig heiß werden, durch die meist angenehme Brise an der Küste ist aber auch das recht gut erträglich. Niederschläge halten sich in Grenzen, nehmen in südlicher Richtung zu. Die Weingegend, der Médoc, im Norden ist gerade auch im Herbst ein schönes Reiseziel. Der Rest allerdings auch und im Frühjahr lässt es sich ebenfalls in Küstennähe gut aushalten.

In der Hauptsaison Juli / August kann es schon mal voller werden, vor allem, wenn auch die Franzosen Urlaub machen.
   
hotels WOHNEN /ÜBERNACHTEN  Hotel- und Fremdenzimmer sowie Pensionen und vor allem Campingplätze gibt es in Aquitanien recht zahlreich. Außerhalb der Hauptsaison findet sich immer etwas. Die örtlichen Touristinfos helfen dabei gerne, Unterkünfte sind aber auch stets gut ausgeschildert. Für Juli / August ist es recht hilfreich, eine Unterkunft vorzubestellen. Das geht über das Französische Fremdenverkehrsamt in der Zeppelinallee 37, 60325 Frankfurt am Main, Tel. 0900/1 57 00 25 (49 ct./min) bzw. über deren sehr informative Internetseite de.franceguide.com.
   
literatur KARTEN / LITERATUR  Sehr detailliert und brandneu ist die Michelin Karte 1:150.000, Aquitanien, Bordeaux, Blatt 335, ISBN 978-2-06-713438-6 für Euro 7,50.

In dem hervorragendem Reiseführer „Südwestfrankreich Aquitanien & Atlantikküste“ von Andreas Drouve finden sich auf über 400 Seiten zahlreiche Infos, Karten und Fotos. ISBN 978-3-8317-1586-2, Reise Know-How Verlag, Euro 19,90.
   
www INTERNET  Viele Infos (auch über andere französische Regionen) bietet die Seite www.frankreich-sued.de, offizielle Seite des Fremdenverkehrsamtes ist de.franceguide.com und www.frankreich-experte.de informiert ebenfalls (aber nicht nur) über Aquitanien.


 

     
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