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Stromboli  

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Arrivederci Stromboli
  Autor:     
 

BERND SCHUSTER
ist auf vielen Kontinenten zu Hause und lässt andere gerne an seinen Erlebnissen teilhaben. Als  Reisebutler  organisiert er auf Wunsch Urlaubsträume rund um den Globus. Für ADVENTURE-magazin.de berichtet er in loser Reihenfolge von seinen Reisen.

Italienische Momente auf den Liparischen Inseln und auf Sizilien w Bernd Schuster  
Schon in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gelang es meinem sportlichen Opa, mich für Sizilien und den Ätna zu begeistern. Opa war ein höherer Eisenbahner mit Freifahrscheinen der Deutschen Bundesbahn. Er entließ Oma am Strand von Giardini bei Taormina in die Obhut eines Marcello Mastoianni, um sich währenddessen mit dem Tragflächenboot auf die Vulkaninsel Stromboli , die zu den Liparischen Inseln gehört, abzusetzen. Schon 1948 hatte dort die legendäre Ingrid Bergmann im gleichnamigen Filmdrama in Schwarz-Weiss unter der Regie von Roberto Rosselini schauspielerisch brilliert und das Interesse an den stets gefürchteten Vulkanen vor einem breiten Publikum massiv geweckt. Opa errang den Gipfelsieg und erlebte einen echten Vulkanausbruch, den es dort bis heute täglich gibt.    
   
         
Libarische Inseln    
         

Ich treffe meine drei Freunde in unserem Hotel "De Courtis" in Catania. Ich habe alles organisiert. Jeder kommt mit einem anderen Flug direkt ins Hotel. Dank Internet ein Kinderspiel. Das Hotel hat eine tolle Homepage! In Catania streikt die Müllabfuhr. Es stinkt erbärmlich zum Himmel. Mit Alitalia hatte ich Glück! "Berlusconi Airways" aus München alias "Monaco in Baviera" mit Zwischenstop in Rom war halbwegs pünktlich und ausnahmsweise mal nicht bestreikt. Zwei Stunden planmäßiger Aufenthalt auf dem Fiumicino Airport vor dem Weiterflug nach Catania verliefen durchaus kurzweilig. Mehrere hochgewachsene Mannequins mit schwindelerregenden Highheels und breiten Gürteln liefen vor der Segafredobar wie auf einem Laufsteg von Gucci ständig auf und ab, um ja nicht übersehen zu werden. Das Hotel ist nicht zu finden! Der Taxifahrer sagt, dass er am Ziel sei. Ich kann das nicht glauben. Neben einem Garagentor finde ich im Dämmerlicht ein winziges, graues Klingelschild "Hotel De Courtis". Eine mürrische Stimme, dann ein lautes Summen - ich stehe im desolaten Innenhof und fühle mich sofort wie "Der arme Poet" von Spitzweg. Moder, Verfall, Wäsche, die zum Trocknen von den windschiefen Balkonen hängt und eine morsche Wendeltreppe. Kein freundlicher Page, der einen Bückling macht und meinen Koffer dynamisch nach oben trägt. Im 3. Stock dann die Metamorphose! Außen Pfui und innen hui! Das sieht schon besser aus.

 

Karte:
   

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Meine Gefährten sind auch schon da und somit steht einem Stadtrundgang vor dem Abendessen nichts im Wege. Catania ist nicht gerade vom Reichtum gezeichnet und erinnert mich stark an Havanna. Das liegt am verfallenden Gemäuer, dem Fäulnisgeruch und den dahinschlürfenden Passanten mit Migrationshintergrund. Wir scheinen das Glasscherbenviertel getroffen zu haben. Doch es liegt zentral und es wird besser! Wir kommen zum Domplatz, wo der wilde Bär tanzt! Heute ist Karfreitag und es gibt gratis eine riesige Prozession. Jesus wird wie jedes Jahr tränenreich vor großem katholischem Publikum im gläsernen Sarg durch die Innenstadt getragen. Vom Kardinal bis zum Chef der Cosa Nostra ist alles da und übt sich in Demut, Glauben und Einigkeit. Ein malerisches Bild, das ich mir am historischen Elefantenbrunnen so richtig reinziehe. Unsere figürlich barocke Hotelchefin hat für uns im Frühstücksraum ordentlich das Abendmahl aufgetischt. Eigentlich ist das Etablissement nur ein "Garni-Hotel", doch für uns gibt die blonde Cecilia alles. Die variantenreichen Antipasti und der dazugereichte, süffige Rotwein munden uns vortrefflich. Frühmorgens bringt uns das Taxi am besagten Taormina vorbei zum 120 Kilometer entfernten Einschiffhafen nach Milazzo, wo wir das Schnellboot nach Lipari besteigen. Die Liparischen Inseln erstrecken sich in der Verlängerung vom Vesuv Richtung Ätna. Die Gegend ist geologisch und tektonisch äußerst labil. Die Erde bebt gelegentlich und auf mehreren Inseln spuckt Mutter Erde ohne Unterlass Lava und Schwefeldämpfe.  
Nach 90 Minuten ist Lipari auf der gleichnamigen und größten Insel erreicht. Sie heißen auch Äolische Inseln, da sie im klassischen Altertum als Heimat des Windgottes Äolus galten. Es bläst hier häufig und heftig. Im Hotel Bougainville müssen wir für den, für uns unabdingbaren Meerblick nachschiessen. Mein Kontaktmann aus dem Internet, hatte mir bezüglich der Planung ,wie ich nun erfahre, von einer deutschen Nachbarin toll formulierte deutsche E-mails geschrieben. Er trägt den gut deutschen Vornamen Walter, spricht aber nur kaum verständliches Sizilianisch und kein Wort Deutsch. Er ähnelt stark Elton John in dessen jüngeren Bonsai-Version mit rot-weiß gerahmter Panzerglasbrille. Mit sanften Bewegungen , die dem theatralischen Verteilen von Weihwasser gleichkommen, untermalt er seinen sizilianischen Redeschwall. Er umarmt mich überschwänglich, als ob wir uns schon von Kindesbeinen an kennen würden. Bernardo- Benvenuto in Lipari! Dabei wird mir gleich ganz warm! In seinem morschen Fiat Panda älterer Bauart bringt er uns 4 Passagiere ohne Anschnallgurte in Rallyemanier zum Ausgangsort unserer ersten Orientierungswanderung.  
Die Gegend ist wunderschön. Ende April blüht und duftet es an allen Ecken und Enden und in allen Farben und Parfums. Schroffe Vulkanfelsen, sattgrüne Hänge und überall Blüten. Ein Paradies für Botaniker, eine Hölle für den Allergiker! Im tiefblauen Meer treiben diverse kegelförmige Inseln. Vor uns liegen im magischen Blau die erloschenen Doppelvulkane von La Salina und weiter hinten Panarea und der schwer aktive Stromboli mit seiner weissen Kappe aus Schwefeldampf. Tags darauf wartet ein neuer Event auf uns. Die historische Osterprozession in Lipari. Es ist alles auf den Beinen, was laufen kann. Die alten Omas mit runzeligen Gesichtern rosenkranzdrehend und gebückt in schwarzen Kleidern, die jungen Mädels in Highheels und kurzen Miniröcken. Die katholische und politische Prominenz mit würdigem Blick und hoheitsvollem Schritt. Am Hafen treffen sich dann gegen "high noon" die herumgetragenen Standbilder von Jesus und Maria. Ich habe noch nie erlebt, dass mittags um 12 Uhr irgendwo auf der Welt ein Brilliantfeuerwerk abgefackelt wird. Von den Raketen ist außer Pulverwolken kaum etwas zu sehen, der Krach der Böller ist aber nicht zu überhören. Alle scheinen glücklich, die Auferstehung Jesu ist geglückt.  
Unser Tragflächenboot nach Vulcano erscheint als kleiner Punkt am Horizont, der schnell größer wird. Der smarte Capitano in der weißen Galauniform mit Designer-Sonnenbrille und schwarzer Schmalzlocke nimmt das Gas raus. Das elegante Flugboot versinkt in der weiß - aufspritzenden Gischt. Nach 15 Minuten landen wir auf der Insel Vulcano. 400 Höhenmeter später stehen wir auf dem eindrucksvollen, tätigen Vulkan. Aus giftig-gelben Schwefelablagerungen dampft und zischt es. Es stinkt penetrant nach faulen Eiern. Dank des steifen Seitenwindes können wir uns ganz nah an die "Blowholes Belzebubs" heranwagen. Eine Brise davon direkt eingeatmet und kein Notarzt könnte helfen. Vom Gipfel zeigen sich im azurblauen Meer und unter wolkenlosem und ebenso blauem Mittelmeerhimmel die anderen Vulkane des Archipels. Ein echt überwältigender Ausblick.  
Die kulinarischen Exzesse halten sich im Gegensatz zu Sizilien auf Lipari in Grenzen. Berühmt sind Nudeln, die unseren Schupfnudeln gleichen und in Kombination mit Tomaten und Kapern gereicht werden. Dies ist ein typisches Gericht der heimischen "Cucina Casalinga". Ich stehe nicht unbedingt auf Kapern, doch probieren kann man sie schon. Walter erscheint morgens mit spitzer Nase und grauem Gesicht: Bernardo, mi scusi , Stromboli non e possibile! Das darf doch nicht wahr sein, der Stromboli-Aufstieg sollte doch unser Highlight werden! Mi scusi – che il scirocco forte. So heißt doch ein VW-Modell, aber leider auch der böse und heftige Wüstenwind aus der nicht allzu fernen Sahara. Wenn der bläst, kann kein Schiff mehr auf den Inseln landen. Auf Stromboli schon gar nicht, da es dort nur eine provisorische Mole, aber keinen richtigen Hafen gibt. Die Flügel der Tragflächenboote würden an die Felsen gedrückt und abbrechen. Höhere Gewalt! Nun- ich bin der Initiator der Reise und somit auch der verantwortliche Wettergott. Die Laune meiner drei Begleiter wird etwas schlechter. Daran können auch weite, ausgedehnte Spaziergänge auf unserer blühenden Gefängnisinsel Lipari nichts ändern. Ich schlage vor, bei der ersten, sich bietenden Möglichkeit das nette Eiland Richtung Sizilien zu verlassen, um das Flugzeug in Catania für den Rückflug keinesfalls zu versäumen. Das alte Drama mit den Inseln. Ich irrte schon vor Jahren in der Hauptreisezeit eine ganze Woche ohne Fährrückfahrticket zwischen Sardinien und Korsika herum und war dem Inselkoller nahe. Nur meine damalige, blonde und attraktive Freundin schaffte dann mit meinem Segen und ihrem ultrakurzen Minirock unseren gemeinsamen Durchbruch zum Festland. Mittels eines Flirts mit dem italienischen Capitano des Fährschiffes. Er winkte mich dann im Stil von Capitano Schettino vor allen anderen wartenden Autos einfach auf Deck. Italienische Momente eben!
 
Unser durchlauchtes Hotel in Catania hat leider dank unseres plötzlichen und vorzeitigen Rücksturzes zum sicheren Festland Sizilien nur noch ein gemeinsames Doppelzimmer für uns vier Personen frei. Eine der vier Personen ist weiblich und drei Männer auf einmal sind ihr eigentlich zu viel! Frost kriecht über die rissigen Wände. Dank der Osterzeit gibt es auch keine Alternativen, die im bezahlbaren Bereich sind. Nun - dank eines recht guten Abendessens und eines ausgedehnten Shopping-Nachmittags kriegen alle die Kurve. Die Nacht geht auch vorüber und uns bleibt nun noch ein Extratag auf Sizilien. Mein Vorschlag, den Ätna zu besteigen, wird gegenstandslos. Ab 1800 Metern Höhe hat es geschneit und bis zu drei Metern Schnee. Der Ätna mißt immerhin über 3350 Meter. Bleibt ein schöner Ausflug in die Kultur. Davon hat Sizilien eine ganze Menge und somit begeben wir uns nach Syracus, das im Gegensatz zu Catania ein wahres Schmuckstück ist.        
Ich persönlich werde sicher nochmal auf den Stromboli steigen, schon um es meinem Opa da droben zu zeigen! Die nächste Tour inklusive der Ätna-Besteigung mache ich dorthin Ende Mai 2013. Wer dabei sein will, bitte melden!
       
         
Text und Fotos: Bernd Schuster        
         
         
         


 

 

 

   
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