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Timo flott unterwegs
Bodensee
Radmarathon 2011
Seit Anfang der siebziger Jahre gibt es ihn, den Bodensee-Radmarathon und immer im September quälen sich die Biker auf verschiedene Routen rund um das "Schwäbische Meer". Da der Wetterbericht ein beständiges Hoch verspricht und wir uns nach der Transgermany noch einigermaßen fit fühlen, nehmen Lizzy und ich an der Veranstaltung teil. Als Startort wählen wir Meersburg aus. Punkt sieben Uhr treten wir kräftig in die Pedale. Nebenbei haben Lizzy und ich eine kleine Wette laufen. Wer von uns als erster wieder Meersburg sein wird bekommt eine Flasche Rosen-Champanger. Lizzy fährt die 150-km-Strecke mit dem MTB und Straßenreifen mit 7 bar Luftdruck, ich habe mich für die 220-km-Runde entschieden und setze zum ersten Mal meinen neuen Cervelo S1 Aerorahmen ein.
An der Fähre
Wenige Meter nach dem Start, der erste Anstieg. Mein Puls überschreitet locker die 150er Marke. Vielleicht gehe ich das Ganze zu schnell an, aber will einen 30er Schnitt fahren und ... Morgennebel liegt auf der Hügellandschaft, die weiter südlich in den Bodensee eintaucht. Ich bin ständig am Überholen, manche Radfahrer scheinen noch ein wenig auf ihren Rädern zu schlafen. Eine Gruppe Tschechen, die zum Teil auf alten klapprigen Rennrädern unterwegs ist, zieht plötzlich an mir vorbei. Ich nutze die Chance und bleibe im Windschatten. Auf den 23 km bis zur ersten Verpflegungsstation sind rund 300 Höhenmeter zu bewältigen. Mit einem Schnitt von über 32 km/h mache ich eine kleine Pause und hole mir den ersten Stempel für die Startkarte. Dann wird es etwas flacher und der Wind weht leicht von hinten. Nach wenigen Kilometern findet sich eine Gruppe von ca. 15 Mann zusammen und es rollt sich wesentlich entspannter und schneller. Der Bick schweift über den Bodensee auf das Panorama der Schweizer Alpen, deren Bergspitzen imposant aus dem Morgendunst ragen und so für eine eindrucksvolle Szenerie sorgen.
Im Windschatten
Je näher es Richtung österreichische Grenze geht, umso hügeliger wird es und unsere Gruppe wird in mehrere Teile zersprengt. Nach 63 Kilometern hole ich mir den zweiten Stempel in Schlachters und schon kurz danach bin ich in Österreich. Nach der Abfahrt hinunter nach Bregenz findet sich eine Gruppe von sechs Fahrern zusammen. Gemeinsam meistern wir den Stadtverkehr. Wirklich schön ist es hier nicht, doch bei einem Tempo von fast 40 km/h sind wir schnell durch. Kurz vor der Schweizer Grenze fahren wir auf einen Bulk von 40 Radlern auf, die wir peu à peu Überholen und vor ihnen die Verpflegungsstation in Altenrhein erreichen. Dort steht ein Rettungswagen und ein verbeultes Auto. Wie ich später erfahre, sind zwei Radfahrer angefahren worden. Mein Schnitt liegt noch immer bei weit über 32 km/h und ich bin nun frohes Mutes, am Ende die magische Grenze von einem 30er Schnitt zu überbieten.
Richtung Tägerwilen habe ich mit leichtem Gegenwind zu kämpfen. Durch die vielen zügig fahrenden Rennradfahrer schließt sich bald eine Gruppe von rund 25 Leuten zusammen. Mit konstant 38 km/h geht es richtig vorwärts, ohne dabei überflüssig viele Körner zu vergeuden. Leider kommt Tägerwilen viel zu früh und die Gruppe versprengt sich in mehrere Richtungen. Da ich die 220-km-Strecke fahren will, starte ich zunächst alleine in Richtung Stein am Rhein. Nach wenigen Kilometern sind wir zu viert. Dieser Abschnitt ist zweifellos der schönste des gesamten Bodensee-Radmarathons. Fast zentral im alten mittelalterlichen Ort liegt die letzte Verpflegungsstelle in Stein am Rhein. Mein Schnitt liegt immer noch bei knapp über 32 km/h, doch jetzt wird es hügeliger und die letzte Etappe von fast 50 Kilometern steht an. Was bedeutet: noch einen Müsliriegel mehr essen und die Wasserflasche voll machen.
Fähre
Durch den Radweg, den ich benutzen muss und der stark befahren ist, verliere ich etwas Zeit. Die Anstiege gehen schon in die Beine und kosten einige Körner, die ich mir eigentlich bis ganz zum Schluss aufsparen wollte. Da sich kurz vor Radolfzell wieder eine größere Gruppe mit ca. 15 Mann gebildet hat, wird das jetzt immer beschwerlichere Fahren angenehmer. Nach der Umfahrung der Stadt geht es wellig hoch nach Dettingen, was die Durchschnittsgeschwindigkeit gehörig drückt. Erst bei der Abfahrt kann ich die Anstrengung etwas aus den Muskeln schütteln und bei fast 70 km/h etwas entspannen. Die Fahrzeit auf meinem Tacho zerrinnt wie im Fluge und zeigt jetzt schon 6:45 Stunden an. Ich glaube nun nicht mehr daran, die Strecke unter der magischen Sieben-Stunden-Grenze zu schaffen. Die Fähre bringt mich und zahlreiche weitere Radler nach Meersburg. Auf dem Schiff bekomme ich eine SMS von Lizzy. Sie schreibt mir, dass sie einen heftigen Sturz hatte und in Tägerwilen ärztlich versorgt wurde, will aber unbedingt ins Ziel fahren.
autsch
Als ich von der Fähre rolle, erzählen mir meine Mitfahrer, dass nun der heftigste Anstieg des gesamten Bodensee-Radmarathons kommt. Manche überlegen, ob sie dann absteigen und schieben sollten. Mich spornt das noch mehr an, obwohl ich vorne als kleinstes Kettenblatt eine 39er Scheibe montiert habe, was die Sache nicht leichter macht. Vor dem Anstieg steht ein Schild auf dem in großer Schrift "bitte herunterschalten" steht. Es ist wirklich extrem steil - mit geschätzten 20 % Steigung trete ich, was die Beine noch hergeben. Hier stehen die Fotografen und machen ihre Bilder von den erschöpften Teilnehmern, den abgeschlafften und verzerrten Gesichtern. Die meisten der Radler schieben dabei schon ihren Drahtesel, als ich mich mit schmerzverzehrtem Gesicht vorbeikämpfe. Als es wieder flacher wird, schaue ich auf meinen Tacho, der mir nun eine Fahrzeit von 6:53 Stunden anzeigt. Jetzt heißt es treten, bis der Arzt kommt. Ich fliege dann durch den letzten Kreisverkehr und bin tatsächlich nach 6:56 Stunden im Ziel in Meersburg. Mein Schnitt liegt bei 31,38 km/h. Ob dies an meiner Form lag oder am neuen CERVELO-Aerorahmen weiß ich selbst nicht.

Treten, bis der Arzt kommt, passt auch zu Lizzy. Sie schafft ihre Tour unter sieben Stunden mit bandagiertem Arm und handgroßen blauen Flecken.

Der Bodensee-Radmarathon ist zweifellos eine Herausforderung für jeden ambitionierten Radfahrer. Hinzu kommt die grandiose Landschaft sowie die tolle Organisation und Verpflegung des Veranstalters. Und wir sagen Auf Wiedersehen. Bestimmt.

Radlpark
Text und Fotos: Timo Rokitta
 



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