Haben Sie eine außergewöhnliche Reise gemacht? Wollen Sie Ihre Erfahrungen mit anderen teilen? Schreiben Sie uns.

   
   
 














ultramarathon
Freud und Leid

18. April 2009, 5:40 Uhr. Der Radiowecker geht an und Radio Regenbogen spielt das Lied "It´s a hard live" von Queen. Sollte dies ein Omen für den kommenden Tag sein? Als ich den Rollladen hochziehe sehe ich starken Regen, der seit gestern niedergeht. Meine Motivation, heute zu den Deutschen Meisterschaften im 50 Kilomter Ultramarathon zu fahren, ist auf dem Nullpunkt. Nach einigen Honigbroten und einem halben Liter Milch hole ich meinen Vereinskollegen Dirk ab und wir starten nach Hanau–Rodenbach. Da Dirk seit 10 Tagen wegen einer Nervenentzündung nicht trainieren konnte und es auch bis Rodenbach weiter in Strömen regnet, ist seine Laune ebenfalls auf dem Tiefpunkt.

tribuene

Eine Viertelstunde vor dem Start hört der Regen plötzlich auf und bei 10 Grad und Windstille sind jetzt optimale Laufbedingungen vorhanden. Am Start stehen wir zwischen dem "who ist who" der Ultraszene. Neben Thomas Dehaut, dem Sieger der letzten Jahre steht Michael Sommer, der die drittschnellste, jemals von einem Deutschen gelaufene 50 Kilometerzeit von 2:58:34 h hält. Daneben das DUV-Team (Deutsche Ultramarathon Vereinigung), das noch vor 3 Wochen beim Ländervergleich mit England, Irland, Schottland und Wales den 2. Platz erkämpfte.

In der Klasse M40 stehen neben Dirk, der mich dieses Jahr schon zweimal beim 50km Ultramarathon knapp schlagen konnte auch Gernot Helfrich, der eine 100km Bestzeit von 8:05h stehen hat. Ein Platz auf dem Treppchen scheint mir fast aussichtslos oder nur mit einer außergewöhnlichen Leistung möglich. Meine persönliche Bestzeit habe ich erst im Januar 2009 beim 50km Ultramarathon in Rodgau mit 3:42:20h aufgestellt.

streckenplan

Nach dem Startschuss, der pünktlich um 10:00 Uhr erfolgt, zieht sich das Feld sofort auseinander. Schnell formiert sich eine Gruppe um Dirk und mich. Durch den vorherigen Regen herrscht reine Atemluft und die absolut ebene und schöne Strecke, umgeben von Bäumen erweckt die Illusion der Abschüssigkeit und gibt ein schnelles Tempo geradezu vor. Zusammen mit vier anderen Athleten laufen wir dann auch die Erste der fünf 10-Kilomter-Runden, die am Ende immer in eine an den Zuschauerrängen vorbeiführende Stadionrunde mündet, in 41:46 Minuten, was einen Schnitt von 4:09 Minuten pro Kilometer bedeutet.

notizenKilometer 17.   Dirk klagt über starke Schmerzen. Er kann nicht mehr gerade laufen und sein Stil erinnert sehr an Quasimodo, den Glöckner von Notre Dame. Bei Kilometer 25 steigt er dann total frustriert aus. Unser Quintett läuft wie ein Uhrwerk und bei Halbzeit  sind wir nach 1:44:40 Stunde. Mir ist nun klar, dass die letzte Runde wohl das Härteste wird, was ich bis dato gelaufen bin. Am Ende von Runde vier sprengt sich dann die Gruppe auseinander. Alle müssen nun dem hohen Anfangstempo Tribut zollen. Der Verschleiß war einfach zu groß. Ich versuche nun mit letzten Kräften den Kilometerschnitt noch unter 4:30 Minuten zu halten.

An der Marathonmarkierung bei Kilometer 42,195 bin ich in exakt 3:00:06 Stunden, was meine viertbeste Marathonzeit darstellt. Aber nun liegen noch knapp acht unbarmherzige Kilometer vor mir. Ab Kilometer 44 laufe ich nur noch in einen schwarzen Tunnel und kippe an jeder Verpflegungs-station einen Becher Cola hinunter.

Bei Kilometer 49 steht Dirk und feuert mich, der mit hoher Phonzahl beinahe hyperventiliert, an. Er läuft einige Meter neben mir her. Das gibt mir neuen Antrieb. Als ich das Tempo zum Zielsprint steigern will haut es mir fast die Beine weg. Nach 3:35:44 Stunden falle ich erschöpft über die Ziellinie. Ich muss erst einige Minuten liegenbleiben. Nur mit Hilfe von Dirk gelingt es mir wieder aufzustehen. Nach Abgabe der Startnummer erhalte ich meinen Finisherpokal und trotte wie ein getretener Hund zur Dusche. Mit unzähligen Nadelstichen entferne ich mir erst einmal eine sehenswerte riesige Blutblase, die jedem Arzt als Anschauungsobjekt gefallen würde.

Um 17:00 Uhr ist in der Stadthalle die Siegerehrung. Und dann ist es wahr, ich bin Deutscher Vizemeister der Klasse M40 im 50 Kilometer Ultramarathon. Zweimal muss ich hoch auf die Bühne und erhalte Pokale und Urkunden.

Der Gesamtsieger Thomas Dehaut läuft die 50 Kilometer in 3:03 Stunden in der Klasse M45 und verbessert damit seinen eigenen Deutschen Rekord in der Klasse M45 um mehr als 5 Minuten. Die anderen Klassen der älteren superschnellen Herren werden gewonnen in 3:26 Stunden in der Klasse M50 und in 3:20 Stunden in der Klasse M55 - da heißt es: kräftig weiter trainieren.

Ergebnisse als PDF zum Herunterladen.

siegerehrung

Text: Timo Rokitta. Fotos: Dirk Karl








timo

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

zieleinlauf

   
 
Diese Ebene wird eingeblendet.