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Schwere badische Geländefahrt
Dem Namen gerecht geworden

Die fünfte Ausgabe der „Schweren badischen Geländefahrt“ hatte es in sich. Tagelanger Regen machte die Prüfung gerade für Boxertreiber zur Tortur für Mensch und Maschine.

Die Gegend von Mauer war schon früh bei den Menschen sehr beliebt. Dies erklärt sich daraus, dass hier schon vor 600.000 Jahren der Homo heidelbergensis lebte, dessen weltberühmter urmenschlicher Unterkiefer am 21. Oktober 1907 in Mauers Gemarkung gefunden wurde.

Doch nicht nur Liebhaber alter Knochen kommen hier im nördlichen Kraichgau auf ihre Kosten, auch Besitzer alter Motorräder, vornehmlich solcher mit Stollenreifen, finden alle zwei Jahre hier ihr Eldorado. Der umtriebige und enthusiastische Motorsportclub Mauer, auch kurz MSC genannt, veranstaltet alle zwei Jahre im September die „Schwere Badische Geländefahrt“.

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Ein Blick in die Starterliste zeigt, dass hier in Mauer die ganz großen Asse des Motorrad-Geländesports am Start sind. Der große Mann des deutschen Geländesports Herbert Schek, seines Zeichens 14-facher Deutscher Meister, zweifacher Europameister, lässt es sich nicht nehmen im hohem Alter von 75 Jahren noch einmal bei der „Schweren Badischen“ auf einer BMW zu starten. Ein weiter Protagonist des weißblauen Geländesports und ehemaliger Entwicklungsleiter bei BMW, Laszlo Peres, steht ebenfalls mit einem sehenswerten Eigenbau am Start.

Wie in den vergangenen Jahren, sind in Mauer auch 2008 viele alte Geländeboxer am Start, die liebevoll von ihren Besitzern aufgebaut wurden. Die Gespannklassen werden geradezu beherrscht von sehenswerten Umbauten die den Propeller auf dem Tank haben. Doch auch in den einzelnen Soloklassen waren die ehemaligen Geländesportler aus Bayern stark vertreten. Stellvertretend hierzu ist Joachim Happel aus Kassel mit seiner BMW R26 zu nennen. Sein Einzylinder, der aus 350 ccm circa 25 PS leistet, wurde mit speziellen Bogefederbeinen und einer leichten Vorderradgabel offroadtauglich gemacht. Mit einem etwas aufwendigeren Umbau steht Hubert Gudermann aus Frauenzell am Start. Als Basis für seinen Umbau diente ein R100/7 Rahmen, in den ein schmaler R65 Motor mit leichter Kurbelwelle und 1000ccm Zylindern eingepflanzt wurde. Befeuert werden diese von 32er Bingvergasern. Mit Hilfe einer leichten Ceriani-Gabel mit 35er Standrohren und ohne Anlasser kommt sein Renngerät auf gerade mal 143 kg im fahrbereiten Zustand.

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Pünktlich um 6 Uhr morgens zum Kirchengeläut sorgte der Wettergott dafür, dass die "Schwere Badische Geländefahrt“ ihrem Namen alle Ehre macht. Dunkle Wolken hängen auch noch über Mauer, als kurz nach 9:00 Uhr die ersten Motorräder auf die Strecke gehen. Über 180 Fahrer mit wohlgemerkt "Classic" Motorrädern sehen sich bereits in der ersten Runde mit einer äußerst schwierigen Streckensituation konfrontiert. Und obwohl die Feuchte in alle Ritzen dringt, bestehen alle die Startprüfung. Diese besagt, dass man innerhalb von 60 Sekunden das Motorrad aus eigener Kraft gestartet und 50 Meter damit zurückgelegt haben muss. Erstes Hindernis und für viele schon ein unüberwindliche Hürde ist der sogenannte „Zwetschgenbuckel“. Diese Steilauffahrt nach zwei Kilometern ist gerade für Starter mit hohen Startnummern eine heikle Angelegenheit. Teilweise wird die Strecke von festhängenden Motorrädern blockiert, teilweise leiten die Streckenposten die Fahrer von schwerem Gerät gleich am Einstieg um.

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Nach 35 Minuten muss jeder dann die erste von drei Zeitkontrollen passieren, was schon für einige Ausfälle sorgt. Im Industriegebiet von Meckesheim hat der MCS Mauer dann die bekannte Crossprüfung abgesteckt. Dieses Jahr ist die Strecke, die normalerweise problemlos zu befahren ist, eine echte Herausforderung. Niemand schafft die Prüfung unter drei Minuten. Beeindruckend dabei die schweren Gespanne, die das tiefe Geläuf regelrecht umpflügen. Die unangenehmste Herausforderung ist auf dem Kurs das Schlammloch in Meckesheim, das an diesem verregneten Tag seinem Namen alle Ehre macht. Bei trockener Witterung müsste die Feuerwehr Hunderte Liter Wasser für die Erzeugung der Schlammpackung herankarren, aber bei diesem Dauerregen ist dies nicht nötig.

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Nach 43 Kilometern ist dann die erste Runde geschafft. Immer mehr Teilnehmer geben in Runde zwei und drei entkräftet auf und so erreichen nur gut die Hälfte der gestarteten Faher das Ziel. Es ist daher auch Niemandem zu verübeln, wenn er die Teilnahme vorzeitig abbricht, einfach um Schlimmeres für Mann und Motorrad zu verhindern. Die meisten kämpfen sich jedoch tapfer durch den Schlamm und bringen die drei Runden hinter sich. Alle Teilnehmer waren sich einig. Die fünfte Auflage der „SBG“ war die bislang mit Abstand härteste. Am Ende stehen in vier Klassen die Geländeboxer aus München auf dem obersten Treppchen.

Auch Hubert Gundermann schiebt am Abend nach 129 anstrengenden Kilometern seine Maschine mit einem breiten Grinsen auf den Anhänger. Dass der Boxer mindestens 10 kg Schlamm auf den Rippen hat stört ihn dabei nicht. Überlegen hat er die Klasse 16, also über 750 ccm bis Baujahr 1980 gewonnen. 2010 will er auf jeden Fall wieder im Kraichgau antreten. Vielleicht ist dann sein Boxer am Ende nicht wieder 10 kg schwerer.

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Text und Fotos: Timo Rokitta

 





 
 


   
 
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