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Kambodscha                                      <<       >>

 

Es war einmal ein Motorradfahrer, der wollte eine lange, lange Reise machen, mit seinem Motorrad, und viele Länder anschauen... und nun will er das eigentlich immer noch, muss sich aber gedulden, weil er (im Moment) nicht mehr so schnell und weit fahren kann. Aber dazu kommen wir noch.

Die Fahrt durch Thailand war, wie beschrieben, zwar schnell, aber ohne besondere Probleme - bis auf den Grenzübertritt nach Kambodscha. Die thailändischen Grenzer wollten, nachdem schon einige Absurditäten gelaufen waren (die meine Laune bereits deutlich getrübt hatten), von mir wissen, ob ich den Grenzübertritt lieber schnell oder langsam haben wollte - ich hätte ja kein "Immigration Sheet! Manchmal höre ich schlecht und verstehe noch schlechter. Ich wollte wissen, wieso ich bei der Ausreise ein "Immigration Sheet" bräuchte, in meinen Augen wäre das eher "shit", mein Blähhals nahm bedrohliche Ausmaße an. Eine Antwort auf die Frage bekam ich natürlich nicht, sie bräuchten meine persönlichen und die Fahrzeugdaten. Die hatten sie aber, in Form einer Passkopie, für die ich 2,50 Euro berappen durfte und der Daten im Carnet de Passages.

Kein Thema, das "Immigration Sheet" war auszufüllen. Ein Beamter hat mir dabei "geholfen", indem er jede einzelne Eintragung bei mir abfragte. Ich erklärte ihm, dass er alles ablesen könne, was er benötige. Daraufhin gab er das Formular an mich weiter, geschrieben in Thai, mit dürftigen englischen Übersetzungen. Habe ich ausgefüllt, nach bestem Wissen und Gewissen, also mit etlichen Fehlern drin. Aufgefallen ist nur, dass zwei Eintragungen in der falschen Sparte waren, konnte ich korrigieren.

Nachdem dieser Witz erledigt war, wollte ich wissen, ob ich jetzt noch irgend ein "Sheet" zur Ausreise ausfüllen müsste, mittlerweile so sauer, dass ich schon wieder ruhig wurde - zu diesem Zeitpunkt hatten sie wohl eingesehen, dass ich zugeknöpft bleiben würde, erneute Passkontrolle und ich wurde durchgewunken. Bisher hatte ich keine derartigen Schikanen, obwohl meine Taschen immer geschlossen blieben!!

Auf kambodschanischer Seite keinerlei Probleme, außer, dass der zuständige Zöllner keine Ahnung hatte, was mit dem Carnet de Passages zu tun war. Meinen Erläuterungen schenkte er wenig Vertrauen, so dass eine Kollegin kommen musste, die ihm das erklärte, was er von mir schon wusste.

Die restliche Tagesetappe war zwar nicht sehr lang, aber dafür auf dem ersten Streckenabschnitt von über 40 km das, was ich Brösel-Asphalt nenne: zunächst löst sich an manchen Stellen der Asphalt auf und bildet eine rauhe, unangenehme Fahrbahn-Oberfläche, daraus entstehen dann allmählich Vertiefeungen, Löcher bis hin zur Schlagloch-Serie. Auf den nächsten 70 km, nach Sisophon, eine Piste wie Off-Road, offenbar noch nie asphaltiert, wellig, löchrig, mit tiefen Schlaglöchern, bis hin zum Wellblech, Staub über Staub.

Und dazu die Brücken: ein Großteil davon wäre in Deutschland längst für den Verkehr gesperrt! Die Auffahrt zur Brückenfahrbahn (es ist wirklich fast immer eine Auffahrt!) teilweise steil, mit Stufen oder Steilstücken, oft vor dem eigentlichen Brücken-Niveau noch ein tiefer Einschnitt. Man tut gut daran, sich jeder dieser Brücken mit großer Vorsicht zu nähern! Hat man das Brückenniveau erreicht, erwartet einen in den meisten Fällen eine Bohlenfahrbahn, manchmal auch Blechplatten etc. In vielen Fällen aber keine glatte Fahrbahn, sondern gespickt mit ausgebrochenen Bohlen (guter Blick auf das dar-
unter stehende Wasser!) oder verschobene, verbogene Bleche. In einem Fall fehlte die Brücke völlig über einem stehenden Gewässer: die Lücke wurde, vermittels einer Berg- und Talbahn, mit Schotter geschlossen. Bei der Ankunft in Siem Reap waren Mann und Motorrad dick rot gepulvert. Für die Motorrad-Reinigung habe ich freiwillig einen Dollar bezahlt, fur den Mann stand eine (funktionsfähige) Dusche zur Verfügung, in einem Guesthouse mit ausgesprochen freundlicher und sympathischer Crew.

Ich wollte natürlich dieses Weltkulturerbe Angkor ausführlich anschauen: mir ist, offen gestanden, erst hier bewusst geworden, dass es sich hier um ein weit herausragendes Erbe handelt. Die Option war, für einen Ein-Tages-Ausweis 20 Dollar oder einen Drei-Tages-Ausweis 40 Dollar zu bezahlen. Nach dem Studium des Angkor-Führers gab es keine Ueberlegung: 3 Tage! Angkor ist eine weitläufige, sich über viele Quadratkilometer erstreckende Anlage mit einer Reihe von voneinander teilweise weit entfernter Tempel; Angkor Wat, der bei uns bekannte, ist nur einer, wenn auch der schönste und bedeutendste darunter.

Die Bauperiode erstreckt sich vom 9. bis zum 15. Jahrhundert (AD), ab dem 14. Jhdt. wohl nur mehr mit Erweiterungen und Veränderungen vorhandener Anlagen. Die gesamte Anlage war ursprünglich rein buddhistisch, wenn auch sehr deutlich zu erkennen ist, dass der Ursprung des Buddhismus der Hinduismus ist: der Grossteil der berühmten Bas-Reliefs in Angkor Wat sind Darstellungen alter hinduistischer Sagen und Erzählungen. Angkor Wat ist die in ihren Ausmassen größte religiöse Anlage der Welt. Was man auf den üblichen Bildern sehen kann, kann keinen Eindruck von den Dimensionen und den baumeisterlichen und künstlerischen Leistungen vermitteln, die hier erbracht wurden.

Im Bereich Roluos wurden die ersten Anlagen im 9. Jhdt., wohl im Sinne von Staats-Heiligtümern, errichtet, mit den meisten der prägenden Elemente, die die übrigen auszeichnen, bereits mindestens im Ansatz vorhanden. Es ist traurig, dass als Baumaterial nur Sandstein zur Verfügung stand, so dass der Zahn der Zeit viele Verwitterungen verursacht hat und viele Schönheiten nur mehr erahnt werden können. Auch Angkor Wat gehört dazu, wobei eine nachfolgende Hindu-Zeit zu erheblichen Zerstörungen führte, mit abgeschlagenen Buddhaköpfen, verunstalteten Gesichtern usw.

Angkor war aber nicht zufällig eine Ansammlung bedeutender Tempel, sondern über die Jahrhunderte der zentrale Regierungs- und Verwaltungssitz des Khmer-Reiches. Es muss eine beeindruckende Ansiedlung gewesen sein, nur leider: Steinbauten waren den Göttern vorbehalten, alles andere waren also Holzbauten, von denen natürlich nichts erhalten geblieben ist. Es würde viel zu weit fohren, jetzt in Einzelheiten zu gehen. Ich für meinen Teil kann nur feststellen, dass ich etwas ganz Wichtiges versäumt haette, wenn ich nicht hiergewesen wäre. Nach den drei Tagen, die zwar anstrengend, aber außerordentlich beeindruckend waren, bin ich weitergefahren nach Phnom Penh, Hauptstadt der Landes.

Wieder die üblichen Reiseeindrücke: in diesen Bereichen flaches Land, man sollte gar nicht glauben, wie lange Straßen geradeaus führen können: 20, 30, 50 km ohne nennenswerte Kurve, vor allem aber ohne irgendwelche Geländeerhebungen. Das Land ist so flach, dass man eine große Wasserwaage damit justieren könnte! Der Straßenzustand ist allerdings meistens gut. Häufig links und rechts der Straße Stelzenhäuser, meist recht dicht nebeneinander, manchmal mit etwas größeren Lücken. Es gibt auch hier die Klassengesellschaft, die aber bunt gemischt wohnt:

Haeuser ohne oder mit Palmwedel- oder Stroh-Seitenwaenden, mit Bastmatten, mit Bretterwaenden, mit Strohdaechern, mit Wellblechdaechern, mit Ziegeldaechern, manchmal auch mit Anstrich, natuerlich deutlich unterschiedlich in Groeße und Erhaltungszustand.

Teilweise, zwischen den Ansiedlungen, Ausblicke auf freies Land, häufig mit wenig Bewuchs (ich habe mich manchmal an die Puszta erinnert - aber da gibt's ja keine Palmen), die meisten freien Flächen sind Reisfelder, gelegentlich auch andere Anpflanzungen. Später dann, bei der Fahrt in den Norden, war ich entsetzt über weiträumige Brandrodungen. Der Urwald ist ohnehin schon deutlich dezimiert, wird aber erkennbar immer noch abgeholzt und gerodet, um neuen Nutzungsboden zu gewinnen. Man kann oft erkennen, dass ein Haus inmitten einer solchen Rodungsinsel erbaut wurde.

Was mich auch schockiert hat, ist die unvorstellbare Tierquälerei: mehrere Dutzend Hühner, an den Füssen gebunden, hängen, lebend, an einem Motorrad und werden (vermutlich) zum Markt transportiert: zwei, drei Schweine, auf dem Rücken liegend, in einem Gestell festgehalten, auf einem Motorrad, lebend, werden in der Mittagshitze über die Straßen transportiert, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Das Verkehrsverhalten ist etwas widersprüchlich: über Land wird meistens gebolzt, der nachrangige Verkehrspartner wird nicht sehr rücksichtsvoll behandelt. Ganz anders in den Ortschaften. Dort fahren die Autofahrer ausgesprochen defensiv und vorsichtig, auch rücksichtsvoll, während die Zweiradfahrer ebenso wie andere Verkehrsteilnehmer (Handkarrenfahrer, Rikschah's, Tuktucks usw.) die Verkehrsregelns großzügig nach eigener Facon auslegen, jeder tut's, also gibt es keinen Streit. Dazu passt auch ein anderer Eindruck: Kambodscha ist ein Land des Lächelns! Häufig grinsen einen die Menschen ganz offen an, manchmal schauen sie ganz ernst und zurückhaltend - wenn man sie dann anlächelt, bricht wie der Sonnenaufgang ein erleichtertes Lächeln aus ihnen auf. Wenn man sich den Menschen lächelnd nähert, hat mat schon gewonnen.

Zurueck zu Phnom Penh. Am ersten Tag habe ich mir die Stadt per Motorrad-Taxi erobert: das National-Museum, das Terror-Museum, den koöniglichen Palast etc. Das National-Museum ist eine ideale Ergänzung oder ein idealer Ausgangspunkt zu Angkor. Die Entwicklung von Angkor, die man vor Ort natürlich nicht so gut verfolgen kann, ist dort hervorragend aufgearbeitet und bietet viele wertvolle Informationen.

Wenn man Angkor auf sich wirken hat lassen, muss man sich auch der schwarzen Seite der kambodschanischen Geschichte stellen, dem Pol-Pot-Regime. Ich habe das Museum, das in dem zentralen früheren Verhör- und Folter-Zentrum eingerichtet wurde, besucht. Ich kann ja für mich in Anspruch nehmen, Zeitzeuge gewesen zu sein: schon damals habe ich mit Entsetzen und ungläubigem Staunen zur Kenntnis genommen, wozu Menschen in unserer Zeit, in einem uralten Kulturland, durch den Buddhismus zur Friedfertigkeit ausgerichtet, anderen Menschen antun können (wir müssen uns als Deutsche ja selbst an die Nase greifen!)! Das Museum ist sehr einfach gehalten, aber gerade deshalb so authentisch.

Wenn man dann anschließend den königlichen Palast sieht, der nur zu vielleicht einem Drittel für die Öffentlichkeit zugänglich ist, ist das schon ein enormer Spannungsbogen! Grosse Pracht, ein Gegensatz zu dem, was man auf dem flachen Land sieht und dem, was man im Museum erlebt hat, der größer nicht sein könnte!

Am nächsten Tag bin ich zu Fuß durch die Stadt gestrolcht, habe das Alltagsleben auf mich wirken lassen, den König bei der Einfahrt in seinen Palast, beklatscht von 100, 150 Menschen, gesehen und den Aufenthalt in der Stadt mit einem kühlen Bier auf der Seeterasse des Guesthouse ausklingen lassen. Tags darauf nach Norden, Richtung Laos. Das Visum hatte ich schon, für bescheidene 50 Dollar. Das Ziel war Kratie, wo man in der Nähe die berühmten Mekong-Irrawaddy-Delphine besichtigen kann.

Auf der zweiten Hälfte der Strecke dann die angenehme Abwechslung: das Flachland ging allmählich in welliges Gelände über, die Straße zwar immer noch meist geradeaus, aber wenigstens kurvenreicher durch abwechslungsreichere Landschaft.

Im Gaestehaus tauchten dann vier sympathische junge Franzosen auf, die sich in Phnom Penh Motorräder geliehen hatten. Bei mir war inzwischen der Entschluss gereift, vor der Weiterfahrt nach Laos noch einen Ausflug in den äussersten Nordosten von Kambodscha zu unternehmen, ins Bergland und Land der Bergvölker. Wir waren uns schnell einig, sowohl die Delphinbesichtigung als auch diesen Abstecher gemeinsam zu unternehmen.

Die Delphine haben wir erlebt, aber eigentlich nur deren Rücken, höher kommen sie, wenn überhaupt, nur in größerer Entfernung von den Booten aus dem Wasser, und das nur kurz! Auf der Rückfahrt, die Delphine sind ca. 14 km außerhalb zu sehen, kam dann die unangenehme Überraschung: ich konnte nicht mehr schalten, nur der zweite Gang stand noch zur Verfügung. Also: neue Planung, dem Zwang gehorchend: zurück nach Bangkok, zu BMW. Abschied von den Franzosen, wenn auch wehmütig, Rückfahrt, mit max. 50 kmh, über etwa tausend Kilometer.

Über zwei Stationen gings wieder zur Grenze, die letzten 150 km, über die Übelstrecke, per Pickup - gute Entscheidung, rückblikkend gesehen!

Alles weitere erzähle ich dann beim Thailand-Bericht, bis dahin herzliche Grüße.



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