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Von Kenia in den Sudan                                   <<       >>

ALLGEMEINES

Nordlichter, Ihr habt mich wieder! Ich habe in Kenia den Äquator wieder überschritten/überfahren.

Die Reise durch den Rest Schwarzafrikas - Kenia / Äthiopien / Sudan stand unter dem Diktat des Kalenders: der Sudan hatte uns nur eine recht kurze Frist für die Einreise und nur sieben Tage für die Durchreise eingeräumt. Jede Überschreitung dieser Fristen hätte nicht nur hohe Kosten, sondern auch viel Zeit in Anspruch genommen. Die (bedauerliche) Folge war, dass wir zwar nicht in Hektik, aber eben
doch zügig fahren mussten, das eine oder andere besichtigungswerte Highlight musste also leider ausfallen. Hinzu kommt, dass längere Teile der Strecke fahrerisch außerordentlich anspruchsvoll sind (noch!), was dazu führte, dass wir an einem bestimmten Tag gerade mal 105 Kilomter Strecke schafften. Ich habe versucht, die Augen, soweit es die Strecke zuließ, offen zu halten für die Umgebung, es ist alles in allem eine großartige weitere Erfahrung daraus geworden.

Landschaft(en)

Mit Kenia verlässt man allmählich das Hochland, die üppige Vegetation bleibt immer weiter zurück. Zwar fährt man nach wie vor oft durch wellig-hügeliges, meist aber durch eher ebenes Land, links oder rechts,
mehr oder weniger nah bzw. fern einzelne Berge oder Bergzüge, je weiter man nach Norden kommt, desto mehr Steppe und Wueste, im Sudan dann wieder extrem karg, vegetationsarm, die Nubische Wüste.

Im kenianischen Hochland, man ist oft zwischen 2000 und 3000 m Höhe, fährt man gelegentlich durch die niedrig hängenden Wolken, also durch Nebel. Es gibt dann ein seltsam gebrochenes Licht, Blicke auf gegenüberliegende Hänge, die oft silbrig schimmern, wie von Raureif bedeckt. Die meist kleinen Siedlungen bestehen aus Rundhütten, bei denen im Morgenlicht der Rauch der Herdfeuer aus dem Dach, oft auch aus den Seitenwänden quillt.

Auf langen Strecken ist die Distanz zwischen den Siedlungen unglaublich groß, oft hunderte von Kilometern, dazwischen nur sehr selten einzelne Hütten oder kleine Farmen. Wo genügend Wasser vorhanden, ist die Vegetation wieder reichhaltiger, die Besiedelung dichter, mehr Menschen auf den Straßen und Feldern.

Wege, Strassen und Verkehr

Auf die einzelnen Streckenabschnitte gehe ich näher ein im Bereich der Reiseetappen, für den gesamten Abschnitt der Reise gilt aber, dass es einen bunten Wechsel gibt zwischen guten Asphaltstraßen, Ab-
schnitten, die im Bau befindlich sind (wo man als Motorradfahrer schon mal einen Abschnitt befahren kann, der noch nicht für den Verkehr freigegeben oder für die Asphaltierung grade vorbereitet wird) und
den Passagen, in denen man alle Widrigkeiten rauhester Naturstrecken kennenlernt. Außer tiefem Modder ist alles geboten.

Auch hier gilt wieder: angesichts der Baumassnahmen, die überall im Gange sind, wird in wenigen Jahren kein Reisender mehr verstehen können, warum die Reisen durch diese Regionen ein großes Abenteuer sein konnten!

Auf den meisten Abschnitten ist, dank der teils unsäglichen Straßenverhältnisse, der Verkehr sehr dünn, selbst LKW-Verkehr gibt es nur sehr wenig. Das Bild andert sich erst, wenn man sich einer größeren
Siedlung oder einer Großstadt nähert, dann wird's oft chaotisch. Es kommen dann auch wieder die Erinnerungen an Asien hoch: der Dieselqualm von den Bussen und LKW ist am Abend deutlich in meinem Gesicht abzulesen.

Dem dünnen Verkehrsaufkommen entspricht auch das Tankstellennetz. Man tut gut daran, jede Möglichkeit des Nachtankens (wenn nicht ein größerer Ort in Reichweite liegt) zu nutzen: wir sind mehrfach bei ausverkauften Tankstellen vorgefahren, einmal mussten wir uns aus Plastikkanistern bedienen lassen, es war ein echter Notfall mitten im Niemandsland.

Weiter im Süden in Afrika war es richtig erfreulich, zu sehen, dass liegengebliebene Fahrzeuge, meist natürlich LKW, abgesichert waren dadurch, dass man abgerissene Zweige und Äste auf die Straße legte. Jetzt kommt wieder die Unsitte hoch, diese Absicherung, wie in Asien und Südamerika, mit großen Steinen aufzubauen, die dann nach der Wegfahrt des Pannenfahrzeugs, sehr zur Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer, einfach auf der Fahrbahn liegen bleiben - einer der Gründe, warum man sich hier Nachtfahrten besser nicht leisten sollte. In mehreren Situationen kamen auch wieder Gefährdungen, weil LKW in Kurven oder an unübersichtlichen Stellen überholt haben oder aber durch brutales Beanspruchen der Überholspur den Gegenverkehr erheblich behindert bw. gefährdet haben.

In den Ortschaften muss man sich daran gewöhnen, das der örtliche Nahverkehr, mal mehr, mal weniger stark, von Pferde- und Eselskutschen und/oder Tucktucks (den stinkenden Dreirad-Droschken) bedient wird, die in ihrer Fahrweise nicht unbedingt darauf ausgerichtet sind, dem schnelleren Durchgangsverkehr ausreichend Aufmerksamkeit zu widmen. Kollissionen kommen vor, ich blieb trotz einiger Gefährdungen glücklicherweise verschont.

Esel und Mensch sind die gewöhnlichen Lastentransporter, wobei man erstaunt ist, welche Lasten die Frauen auf dem Kopf oder dem Rücken transportieren. Männer sind in diesem Geschäft, wenn überhaupt, nur mit dem Fahrrad vertreten.

Tier und Mensch

Im Gegensatz zum südlichen und mittleren Afrika sieht man hier immer wieder überfahrene Tiere, meist Hunde, an und auf der Straße liegen. Auch ein Wüstenfuchs war dabei. Wie überall, fühlt sich niemand für die Beseitigung zuständig. Nach wie vor, mit Ausnahme der Wüstenpassagen, sind viele Rinder, Ziegen, Schafe (hier meist diese komisch ausschauenden Dickschwanzschafe) auf und neben der Straße, oft in recht großen Herden, meist begleitet von einem oder mehreren Hirten, vielfach kleine Kinder, die sich allerdings nicht zuständig fuehlen, die Straße für den Verkehr freizuhalten. Was sie immer dabei haben, ist ein langer Stock oder ein Speer. Und in zunehmender Zahl sind auch wieder Pferde zu sehen. Irgendwo weiter im Süden waren die Hirten mit roten Flaggen ausgerüstet, um den Fahrer vor den Tieren auf der Straße zu warnen. Hier nicht, jeder ist für seine Sicherheit selbst verantwortlich.

Was sehr ins Auge fällt, sind die mittelalterlichen Pflüge, die hier noch im Einsatz sind: die lange Stange, die zwischen zwei Ochsen aufgelegt wird, der Fortschritt ist, dass die Pflugschar schon eine Eisen-Dreieck-Spitze besitzt. Vom Erscheinungsbild unserer Pflüge, die noch von Tieren gezogen wurden/werden, sind diese Teile sehr weit entfernt.

In weiten Landstrichen Ostafrikas habe ich Wiedersehen mit meinen Lieblingen aus Australien (genauer; deren entfernter Verwandten) gefeiert, den Termiten. Auch hier gibt es unterschiedliche Arten, wie
man an der Form ihrer Bauten erkennen kann. Dass die Tiere auch in Afrika lernfähig sind, kann man an den Bussarden erkennen: sie sitzen wie bei uns am Straßenrand und warten, dass ihre Mahlzeit überfahren wird. Weniger geduldig sind die Paviane, die gelegentlich auf oder neben der Straße auftauchen, sie machen oft sehr spät und beleidigt den Weg frei. Hält man an, sind sie aber sehr schnell verschwunden.

Über mangelnde Freundlicheit seitens der Bevölkerung kann man sich nicht beschweren. Die Menschen in Äthiopien sind deutlich zurückhaltender als in Kenia oder im Sudan, aber eben nicht unfreundlich. Ich
habe keinerlei Steinewerfer erlebt. Bis über die Grenze Kenias hinaus sieht man immer auch Massai, sie sind als schlanke, groß gewachsene Menschen sehr markant, bewegen sich mit eigener Würde und Zuruükhaltung - man braucht wohl viel Zeit, um sie näher kennenzulernen und aus der Reserve zu locken.

Eine Besonderheit ist sicherlich die Freundlichkeit der Menschen im Sudan, insbesondere die Kinder fallen mit ihrer Fröhlichkeit und ihrem begeisterten Winken am Straßenrand auf, wobei die Fröhlichkeit manch-
mal etwas zu weit geht, wenn sie auf die Straße springen und den Vorbeifahrenden am liebsten berühren würden. Man hat dann immer Sorge, einen zu verletzen. Auch die anderen Verkehrsteilnehmer lassen ihre Freude über die Begegnung erkennen: Lichthupe, Horn, Daumen hoch. Beim Vorbeifahren ertönen oft laute Rufe, als ob man zum Anhalten veranlasst werden soll, leider muss ich das ignorieren, sonst komme ich nicht besonders schnell vorwärts.

Mit jedem Abschnitt nach Norden werden auch die Menschen mehr, die gezielt den Kontakt suchen ( weit übers übliche "Where are You from?" hinaus ), häufig mit beachtlichen Deutschkenntnissen, bei denen es
dann heisst "Are You o.k., wie geht es Dir?" Es entwickeln sich dann oft nette Gespräche, man bekommt vielerlei erzählt, ein Nebeneffekt ist der, dass ganz selbstverständlich Aufpasser für Motorrad und Equipment bestellt werden. Angesichts dieser Aufmerksamkeiten war ich doch sehr überrascht, als man mich rügte, weil ich meine Brille, Straßenkarte etc. auf dem Tisch gelassen hatte, während ich zur Toilette ging: es waren mindestens 10, 15 Menschen an den Tischen ringsum, die ein Auge auf meine Utensilien hatten.

Unterwegs, auf eine sehr lange Strecke, sind mir immer wieder Männer aufgefallen, die ganz offen mit einem Gewehr unterwegs waren, eine andere Beobachtung die, dass viele Panzerwracks neben der Straße standen, fast alle mit der Front nach Norden – aus welchem Krieg auch immer.

Ab Kenia ist man im Bereich der Jalabijah angekommen, dem knöchellangen Überwurf, den die Männer tragen, oft in makellosem Weiss, Zeichen der Vornehmheit. Die einfachen Menschen tragen zwar meist auch die Jalabijah, allerdings in gedeckten oder dunklen Farben. Je weiter man nach Norden kommt, desto mehr der Frauen sind verschleiert, meist zwar nur rund ums Gesicht, aber immer mehr auch tauchen die 'Schleiereulen', wie ich sie nenne, auf, die ihr Gesicht total verhüllen und nur die Augenschlitze frei lassen. Nach wie vor betrachte ich dies als Entwürdigung der Frau!

Man lernt natürlich immer wieder neue Sitten und Gebräuche kennen, eine Besonderheit war der Verzehrbon, der in einem größeren Bereich ausgestellt wurde. Man bezahlt seine Bestellung im Voraus, dafür wird dann ein Bon ausgestellt, der in einem Schreibblock erfasst und dann ausgerissen wird. Den gibt man dann der Bedienung. Um auch das zu erwähnen: ähnliche Aufmerksamkeit und Vorsicht, zu
denen man durch die Tiere gezwungen wird, erzwingen die vielen Menschen an den Kleinbus-Haltestellen und den Märkten an/auf der Straße, sie laufen oft unerwartet, ohne zu Schauen, auf den Fahrweg.

Umwelt

Es bleibt bei meinem Entsetzen: es gibt keine Rücksicht auf die Umwelt, alles wird auf die Straße geworfen, irgendwo entsteht ein Abfallhaufen, der Wind treibt die Plastiktüten etc. in die Umgebung, ganze Bereiche sind mit Plastikmüll verseucht. Fluch der Zivilisation. Ganz selbstverständlich bekommt man in jedem Laden, bei jedem Einkauf, eine Plastiktüte, kleinere Teile in kleiner Pastikhülle werden in der größeren Plastiktasche an den Kunden ausgehändigt.

Die Getränke, auch Wasser, werden in Plastikflaschen oder Aluminiumbehältern verkauft. Mangels verfügbarer Abfalleimer habe ich versucht, diese Behälter zurückzugeben. Wass passierte? Sie wurden auf die Seite oder in den Straßengraben geworfen. Wenn man umweltbewusstes Verhalten praktizieren will, fühlt man sich wie der Depp vom Dienst.

Persönliches

Zwei Fragen beschäftigen mich besonders:

  • Wie kann es passieren, dass ein im Handel befindlicher Motorrad-Schlauch mit den marktüblichen Reparatur-Sets nicht repariert werden kann?
  • Was ist die Erklaerung für die Pleuel-Lagerschäden, die mehr als deutlichen Spuren von Überhitzung an Pleuel und -Lager?

Mein besonderes Amusement gilt der Feststellung von Chris, dass ich die freundliche, höfliche, hilfsbereite Haltung vieler Menschen meinem Alter verdanke: unterm Helm ist das ja nicht unbedingt sofort erkennbar. Tatsache allerdings ist, dass ich, wie schon so oft auf der Reise, oft sehr schnell gefragt werde "How old are You?". Diese persönlichen Dinge und das Interesse an meinem Motorrad prägen viele
Begegnungen.

Mit diesen Etappen habe ich Schwarzafrika hinter mir gelassen. Eine weitere Etappe meiner Reise, die ich ohne große Problemen, bei guter Gesundheit, erleben konnte. Ich wäre gerne noch länger durch diese
Regionen getingelt, aber es zieht mich heim - und ich habe die Hoffnung, dass eine oder andere, was diesmal zu kurz gekommen ist, vielleicht doch noch erleben und erfahren zu können. Ich will auf dem weiteren Wege durchaus noch viele interessante Plätze, Menschen, Kulturen, Landschaften kennenlernen, denke aber trotzdem, dass ich mein Vorhaben, im September wieder zuhause einzutreffen, einhalten werde - sofern mir des Geschickes Mächte weiterhin hold sein werden, was ich hoffe.


REISE - ETAPPEN

Von Nairobi zur Landesgrenze Kenia / Äthiopien

Der Reiseabschnitt als neues Kapitel von Pleiten, Pech und Pannen, eine etwas ungewöhnliche Folge! Die Etappe ist mehr als 750 Kilometer lang, davon ist das erste Drittel angenehm auf gut asphaltierter Straße zu fahren.

Nairobi - Isiolo

Wie bereits geschildert, hat der Aufbruch in Nairobi nicht nur zweimal, sondern dreimal stattgefunden. Das zweitemal wegen des Motordefekts, der mich zurückzwang zur Jungle Junction, das drittemal, weil ich nach der Motorreparatur meine Dollarreserven im Safe in der Herberge hatte liegen lassen. In die Herberge aus ungewohnter Richtung zurückzufinden war kein Problem, weil mich der Fotograf, Steve, zurüklotste, der mir dann auch den Weg aus der Stadt wies, was angesichts des Verkehrschaos, das schon wieder ausgebrochen war, recht angenehm war.

Hintergrund der Fahrt mit Steve war, dass ich einige Tage zuvor einer Journalistin von dpa ein Interview gegeben hatte, zu dem Steve, ihr Partner, ein paar Aufnahmen mit mir machen wollte. Es war schwierig, einen Termin zu finden, wir einigten uns auf den zweiten Start aus Nairobi nach Norden. Die Fahrt ging deshalb erstmal nach Westen, zum Rande des Rift-Valleys, wie Steve es ausgesucht hatte.

Die Aufnahmen waren grade fertig, der Abzweig auf meine künftige Route erreicht, als ein Anruf von Chris kam mit der Botschaft, dass ich besser meine Dollar-Reserven mitnehmen sollte. Also: zurück, marsch,
marsch! Erstmal natürlich großes Hallo in der Herberge, ich war aber, natürlich, ganz schnell wieder weg. Die Stadt lag, dank Steve's Hilfe, bald wieder hinter mir.

Die Fahrt ging zwar bald durch abwechslungsreiche Landschaft, war aber doch überraschend schnell ermüdend. In Äquatornähe fing es an zu regnen, nicht zu knapp, weshalb ich auch nicht erkannte, wo ich ihn überfahren habe. Ich war, im Gegensatz zu der Nord-/Südüberschreitung auf Sumatra, emotional merkwürdig unberührt, vielleicht mit Ausnahme der Tatsache, dass ich wusste, nun wieder einen wichtigen Einschnitt in der Annährung an Zuhause absolviert zu haben.

Die Zwischenstation, bevor's richtig losgeht, ist Isiolo. Ich habe im kleinen Hotel Silver Bell's genächtigt, das Motorrad im abgeschlossenen Hof. Isiolo ist ein mehr oder weniger seelenloses kleines Nest am Rande der Wüste, es ist nichts los. Deutliches Zeichen, dass man sich in islamischem Gebiet befindet, ist die Tatsache, dass es im Hotelrestaurant kein Bier gibt. Dazu muss man auf die Straße raus und zur nächsten Tür wieder rein, in den Nachbarraum des Restaurants, wo man dann in Gesellschaft nicht mehr ganz nüchterner Männer sein Bier trinken kann. Dieser etwas verlogene Umgang mit dem Thema Alkohol ist mir im weiteren Verlauf der Reise, auch in Ägypten, noch oft begegnet: fürs Bier wird man in den hinteren Bereich der Kneipe gelotst.

Isiolo - Marsabit

Marsabit, ca. 260 km entfernt, ist der gewollte und natürliche nächste Zwischenstop, im Bereich eines kleinen Naturreservats gelegen. Ich war um ca. 8.00 Uhr aufgebrochen. Die Fahrt geht über eine üble
Holper-/Stolper-/Schlag- und Stoßstrecke, die erste Pause habe ich nach ca. 85 km eingelegt, in Seredupi. Ein Nest im Niemandsland. Die anwesenden Masai: "Dont take Foto!"

Ein junger Mann, der mich anspricht, betont das ebenfalls. Aber: er zeigt mir etwas Besonderes! In diesem gottverlassenen Nest, ohne jegliche Stromversorgung, mitten in der Wüste, gibt es Internet! Ein
amerikanisches Paar hat es, aus welchen Motiven auch immer, spendiert. Die gesamte Technik bis hin zur Solaranlage für die Stromversorgung inklusive der Ausbildung einer jungen Einheimischen in der Bedienung. Die Technik ist installiert im Bereich der Schule und wird für die Ausbildung der Kinder verwendet. Ich habe es ausprobiert: die Technik funktioniert und die junge Frau versteht es, mit dem Equipment umzugehen!

Nach reichlich einer Stunde Aufenthalt war ich wieder auf der Straße, aber nur für begrenzte Zeit. Ich passierte Laisome, ein ähnlich einsames Nest wie Seredupi, gönnte mir wieder eine kurze Pause, in einem
Restaurant etwas abseits der Straße, herzlich begrüßt und willkommen geheißen von den Einheimischen. Entsprechend erholt und entspannt nahm ich die restlichen 100 bis 120 km nach Marsabit in Angriff. Für 10 km. Dann war der Hinterreifen platt: ich hatte mir die wohl einzige Schraube auf der ganzen Strecke eingehandelt.

Gepäck runter, Reifen ausbauen, trotz nur sehr wenig Verkehr kam grade rechtzeitig ein großer Jeep vorbei, besetzt mit einer erkennbar wohlhabenden Familie. Die versprachen, meinen Reifen mit zurück nach Laisome zu nehmen, reparieren zu lassen und mir wieder zurückzusenden. Bei der Gelegenheit hatte ich die sehr erfreuliche Erkenntnis, dass mir meine Montier-Werkzeuge für den Hinterreifen irgendwann, wahrscheinlich in Südamerika, abhanden gekommen waren, ein unerfreulicher Verlust.
Erstmal aber war der Reifen auf dem Weg zur Reparatur.

Also warten. Eine Stunde, zwei Stunden, allmählich stieg in mir der Verdacht auf, meinen Reifen nicht mehr wiederzusehen. Nach drei Stunden kam eine Ambulanz, ich schilderte mein Problem, bat, die Polizei zu alarmieren, es war schon Spätnachmittag, die Nacht drohte. Weit und breit: nichts. Ich brauchte also Hilfe. Bald darauf ein LKW: die Leute sind sehr besorgt, versprechen, sich zu kümmern, sie müssten nur in Laisome abladen und kämen dann ohnehin zurück. 40, 45 Minuten: tatsächlich, der LKW ist wieder da. Während ich noch unsicher dreinschaue, steigt ein junger Mann ab, mit Montage-Werkzeug, mein Reifen in seinem Gefolge. Er ist der Mechaniker, der den Reifen repariert hat, aber mangels Fahrgelegenheit nicht zu mir kommen konnte.

Der Reifen ist schnell montiert, ich muss noch aufladen, schicke aber den jungen Mann mit einem vorbeikommenden Jeep zurück nach Laisome, wohin ich auch wieder zurück muss, es wird schon dunkel. Er erwartet mich am Ortseingang, ich kann eine primitive Unterkunft, bewacht von einem älteren Massai, der vor meiner Tür schläft, beziehen. Bei Dunkelheit, auch dieses Nest hat keinerlei Stromversorgung, geht's zu dem Restaurant, wo ich mittags schon war.

Als Essen bekomme ich ein Huhn, das mir zuvor lebend gezeigt wurde, die Dorfhoheiten (Lehrer etc.) versammeln sich bei mir, es gibt viele Fragen, viel Neugierde. Unter anderem muss ich ständig einen Typen ausbremsen (wobei mir der Oberlehrer, Chef der örtlichen Secondary School behilflich ist): "You are my friend now, You must write me, God bless You, I will pray for You" - und das in endloser Wieder-
holung, usw. usw.. Irgendwann gibt es nicht mal mehr warmes Bier, es ist stockdunkel, ich brauche die Führung eines Einheimischen, um mein Quartier wieder zu finden, nicht wegen zuviel Alkohol, sondern weil es schlicht keinen ordentlichen Weg gibt. Da das Essen erst weit nach 22.00 Uhr fertig war, ist es etwa Mitternacht, als ich ins Bett kriechen konnte.

Morgens um sieben Uhr war ich wieder auf Achse, Versuch, den Rückstand aufzuholen. Schöne Illusion! Um 7.40 Uhr war mein Vorderreifen platt, ein Stück Draht hatte sich durch den Mantel gebohrt. Gepäck runter, Reifen ausbauen, Schlauch raus, Draht mühsam aus dem Mantel entfernen, flicken, Mantel und Reifen wieder montieren, Gepäck wieder aufladen, befestigen, ca. 9.40 bin ich wieder startbereit. Es geht nun zügig weiter nach Marsabit, wo ich gegen Mittag bei Henry eintreffe. Henry ist ein Schweizer, mit einer Holländerin verheiratet, betreibt eine kleine Farm und eine kleine Herberge für Durchreisende
wie mich. Bisher war sein Service auf eine Zelt-Gelegenheit beschränkt, jetzt erweitert er gerade und bietet auch eine Mehrbetten-Hütte als Alternative an. Dazu gibt es funktionsfähige Duschen und Toiletten, eine kleine Rundhütte für Eigenverpflegung steht auch zur Verfügung.

Henry rät mir dringend ab, noch an diesem Tag weiterzufahren, ich würde in die Dunkelheit geraten, es sei viel zu gefährlich. Also bleibe ich und entschließe mich, die Internet-Station im Ort, ca. 2 km
entfernt, zu besuchen und mit dem Motorrad dorthin zu fahren. Der Fußmarsch, wie gedacht, wurde mir wiederum von Henry ausgeredet. Also eben mit dem Motorrad. Wollte ich! Konnte aber nicht: der Vorderreifen war platt. Vorderrad ausbauen, Henry bringt mich in die "Stadt", ein Monteur übernimmt den Reifen, ich gehe zum Internet, Henry wird mich später abholen. Wie schon so oft, war das Internet sein Geld nicht wert, mieses Equipment, sehr langsam, Abstürze. Ich konnte grade mal meine e-mails abfragen.

Nach 1 1/2 Stunden war der Reifen repariert, mit Henry zurück, Reifenmontage kein Problem, Gepäck für den morgigen Tag vorbereitet, Brotzeit in der Rundhütte (Rund-Camembert ohne Brot, ein warmes Bier und einen mitgebrachten Rotwein), dann ab in die Haia.

Von Marsabit nach Moyale / äthiopische Grenze
Fortsetzung von Pleiten, Pech und Pannen


Der Abschnitt von Marsabit nach Moyale gilt als einer der übelsten in ganz Afrika, für ca. 70 km der Strecke, mitten durch eine öde Steinwüste, kann ich das sehr wohl unterschreiben. Durch groben, tie-
fen Schotter gibt es meist nur zwei Fahrrinnen, in denen aber wiederum eine Menge grober Steine auf ihre Opfer warten. Eigentlich müsste man da mit Schrittgeschwindigkeit durchmanövrieren, was mir aber auf die Nerven geht. Mit zunehmender Gewöhnung gebe ich mehr Gas, mit dem Erfolg, dass mir ein spitzer Stein nach ca. 110 - 130 km den vorderen Reifen durchschlägt, Vorderreifen platt.

Wie gehabt: Gepäck ab, Reifen reparieren, Gepäck wieder rauf, weiter. Aber nur bis ca. 60 km vor Moyale: Vorderreifen platt! Beginn der Reparatur, es erscheint ein Jeep mit Einheimischen. Die nehmen mir voller Selbstbewusstsein die Reparatur ab, es stellt sich heraus, dass die vorletzte Reparatur nicht gut war, der Flicken hatte sich wieder gelöst. Beim Versuch, Benzin für die Reinigung des Schlauchs aus dem Tank abzuzapfen, zerstören mir die Herren den linken Benzinfilter (es war der, der in Nairobi als Ersatz als letzter aus meinen Vorräten eingesetzt wurde!). Nach der Reparatur verschwinden die Herren wieder so schnell, wie sie aufgetaucht waren. Gepaeck wieder drauf, weiter. Für ca. 15 km. Vorderreifen platt. Es
war nun schon 17.00 Uhr.

Wieder Glück: trotz extrem wenig Verkehr kommt schon binnen Minuten ein LKW. Ich bitte die Leute, um mir das Entladen des Gepäcks zu ersparen, mir beim Aufbocken der Maschine zu helfen. Dies ist gerade geschehen, da kommt der Fahrer und fragt mich, warum ich nicht das Motorrad auf dem LKW nach Moyale tranportieren wolle. Sein Argument: es wird bald dunkel und es ist viel zu gefährlich, hier auf der Strecke, mitten im Busch, zu bleiben, von der anschließenden Fahrt auf der schlechten Strecke ganz zu schweigen. Nach kurzer Überlegung (der Gedanke der Dunkelheit hatte mich sowieso schon belastet) stimmte ich zu, eine Viertelstunde später stand das Motorrad, gut vertäut, auf der Ladefläche. Ich stand als Aufpasser daneben, zweimal musste ich anhalten lassen, um die Gurte nachzuspannen.

Etwas schief in den Seilen, aber wohlbehalten, trafen wir in Moyale ein, es war schon seit einiger Zeit dunkel. Motorrad und Gepäck konnte ich unter Bewachung eines bewaffneten Polizisten abstellen, nach längerem Hin und Her fand sich auch ein Bett für mich, auch ein spätes Abendessen (seit längerem esse ich ja nur einmal am Tag, meist abends!). Ich war froh, die Strecke nicht bei Nacht gefahren zu sein: ihr Charakter war so rüpelhaft und gefährlich, wie ich das zuvor befürchtet hatte: auf der Ladefläche des LKW musste ich mich sehr oft krampfhaft festhalten, um nicht durch die Gegend geschleudert zu werden. Ein einheimischer Fahrer nimmt auf seine Fahrgäste auf der Ladefläche (neben mir waren noch mehrere Frauen und Kinder, auch einige Männer da), keinerlei Rücksicht. Kann er wohl auch nicht, es sei denn, er kriecht im Schneckentempo über die Piste.

Vom Platz, bei dem das Motorrad und das Gepäck verblieben, hat mich ein Einheimischer zu der Absteige (mehrere kleine Hotels waren schlicht ausgebucht) gebracht, wo ich ein primitives kleines Zimmer erhielt.
Er hat mich fast den gesamten Rest des Abends mit seiner Anwesenheit (wohl in der Hoffnung auf ein fettes Trinkgeld) und seinem Gelaber genervt (einige Getränke habe ich ihm natürlich bezahlt!), wobei ich nichts wollte, als meine Ruhe, nach einem anstrengenden Tag.

Am nächsten morgen früh raus, Zaehne putzen, um 7.00 Fußmarsch zum Motorrad, Reifen raus, ein junger Mann hatte mich schon erwartet, er wollte den Reifen reparieren. Also gleich um die Ecke, eine kleine Bretterbude, aber mit Kompressor, die Reparatur konnte beginnen. Wieder hatte ich nichts zu sagen, es stellte sich aber heraus, dass sich wieder zwei Flicken gelöst hatten, es gab kein neues Loch. Ich wurde skeptisch und bat darum, mir einen neuen Schlauch, als Reserve, zu besorgen. Die Reparatur war, diesmal nicht mit meinen Reparatur-Sets, sondern neu eingekauften einheimischen (aber aus deutscher Produktion!) bald erledigt, Gepäck aufladen, restliches Gepäck aus dem Quartier abholen, auf ging's, wenige Kilometer, zur äthiopischen Grenze.

Von Moyale (Kenianische Seite) nach Ager Myriam (Äthiopien)
Pleiten, Pech und Pannen hat noch nicht ausgedient.


Der Gerenzübergang war auf beiden Seiten völlig unproblematisch und reibungslos, es ging ausgesprochen schnell. Meine Überlegung war: wenn's gut läuft, fahre ich heute noch die ca. 500 km nach Awasa, dann habe ich morgen nur noch ca. 300 km bis Addis Abeba und damit die Chance, Frauke und Robert doch noch dort wieder zu treffen. Es lief aber nicht gut! Nach einer Schlaglochserie auf einer ansonsten ordentlichen Asphaltstraße: Vorderreifen platt. Und das an einem steilen Abstieg in ein Tal.

Vorsichtiges runterrodeln, bis zu einem halbwegs vernünftigen Standplatz, Prozedur wie immer, Kinder und Erwachsene sammeln sich um mich. Analyse: wieder zwei Flicken lose, kein neues Loch. Nun erhärtet sich mein Verdacht, wird zur Gewissheit: es liegt am Schlauch, der aus chinesischer Produktion stammt und offensichtlich nicht mit den Flicken vulkanisiert! Also neuen Schlauch einsetzen. Pleiten, Pech und Pannen nächster Teil: bei der Montage verletze ich durch eigene Dummheit den Schlauch und muss demzufolge wieder reparieren. Das hält aber bis heute! In Ager Myriam, deutlich vor meinem gewünschten Tagesziel Awasa war Schluss, ich musste übernachten. Am nächsten Tag ging's weiter nach Addis Abeba.

Addis Abeba

Hurra, hurra, hurra - endlich eine Fahrt ohne Reifenpanne!

Es war ein schöner, aber anstrengender Fahrtag, erst mal noch durch Hügelland, nichts besonderes, dann Bergland: fruchtbar, üppige Vegetation, dichte Besiedlung, viele Menschen auf den Straßen, noch mehr
allerdings Tiere - wieder die üblichen Beschuldigten, dazu aber noch Zwergziegen, kleine Rinder und, nach langer Zeit, wieder Pferde. Tier und Mensch betrachten die Straße als ihren selbstverständlichen Aufenthaltsbereich, das bedeutet höchste Aufmerksamkeit/Vorsicht beim Fahren, beinahe hätte ich in einem kleinen Nest einen Geissbock gerammt. In diesem Abschnitt erinnert mich die Landschaft stark an Sumatra, üppig-tropisch. Das letzte Drittel der Fahrt geht dann wieder durch dünn besiedelte Savanne, es kommt die Vorahnung der nächsten Wüsten auf.

Je näher ich an Addis Abeba herankomme, desto mehr Verkäufer stehen am Straßenrand, Früchte, Gemüse, Kartoffeln, Mais etc. In Addis Abeba nehme ich mir ein Taxi als Lotsen zum Taitu-Hotel, aber
- leider - Frauke und Robert sind gestern schon abgefahren. Aus Kostengründen fahre ich um die Ecke weiter zum Baro-Guesthouse, es ist bei vergleichbarem Komfort deutlich preiswerter.

Später im Internet eine Notiz von F+R: wir sollten uns spätestens in Gonder (im Nordwesten von Äthiopien) treffen. Sie sind zwei Tage vor mir. Ich entschließe mich, keinen Aufenthalt in Addis einzulegen
und morgen die 400 km nach Bahir Dar zu fahren, um den Abstand zu verkürzen. Anmerkung am Rande: das Internet-Equipment in Addis war um Klassen besser als das in Nairobi!

Addis Abeba, unerwartet

Es war mal wieder so ein Tag - aber der Reihe nach! Nachts konnte ich nicht schlafen, warum auch immer, um ca. 1.30 Uhr, ich war hellwach, holte ich mir vom Nachtwächter zwei Biere als Schlummertrunk, irgendwann bin ich dann eingeschlafen, um 7.00, spätestens 7.30 Uhr wollte ich raus, der Schock: ich bin um 10.00 Uhr aufgewacht. Die letzten Tage waren wohl doch recht hart und anstrengend.

Ich hatte schnell umdisponiert, bin mit dem Taxi zum Naturkundlichen Museum gefahren, alles in allem recht nett, aber doch mit einem eindeutigen Höhpunkt: Lucy, die Sensationsentdeckung aus dem Rift Valley, eine unserer ältesten Vorfahrinnen. Das war schon grossartig, der Rest waren altes Handwerk, etwas Entwicklungsgeschichte und dann noch moderne Kunst. Danach bin ich in Begleitung eines jungen Mannes, der mich auf der Straße angesprochen hatte, zum Ethnologischen Museum gelaufen, ein
erstklassiges Museum, das in ausgezeichneter Darstellung die vielen unterschiedlichen Ethnien hier schildert mit ihren Traditionen, Gebräuchen, ihrem Alltag. Man bräuchte, um das alles komplett aufzunehmen, mindestens drei Tage.

Bei dem Besuch hat mich die Erzählung des jungen Südäthiopiers, die er mir bei einer Pause vorher gegeben hatte, die mir doch sehr unwahrscheinlich erschien, nahezu überzeugt. Er kommt aus einem Stamm im Südwesten des Landes, bei dem die erstgeborenen Söhne umgebracht werden, angeblich bis heute, weil der Preis für eine Frau ruinös ist für die Familie, viele, viele Tiere, Rinder, Ziegen, evtl. Kamele.
Man hat lieber eine Erstgeborene, die diese Mitgift einbringt und damit die Kosten deckt für die Heirat des Nächstgeborenen. Er war selbst Betroffener, hat aber dank der Hilfe eines Franzosen und seiner Mutter
(einige spärliche Beweise hat er mir vorgelegt), überlebt und dank der Unterstützung des Franzosen Schule und Hochschule besucht. Die Ausstellung im Museum hat diese Darstellung, wenn auch sehr indirekt und versteckt, bestätigt. Ich kann es immer noch nicht so recht fassen!

Auf Vorschlag des Burschen sind wir dann sehr weit durch die Stadt nach Downtown gelaufen, dort sollte in einem Anwesen eine Vorführung traditioneller Tänze, stündlich wechselnd, von unterschiedlichen Stammesangehörigen stattfinden. Das Anwesen soll, was man vom Äußerlichen her sogar annehmen konnte, die letzte Unterkunft der letzten Kaiserin, Witwe des Haile Selassie, gewesen sein.

Erste Überraschung: wir wurden in einem einfachen Wohnzimmer platziert, auf bereitstehenden Couches, als einzige Gäste. Die Unterkunft einer Kaiserin hatte ich mir immer anders vorgestellt, aber sie war ja zu der Zeit schon eine persona non grata.

Zweite Überraschung: die 6, 7 Mädchen ("We are students") treten im Prinzip in Straßenkleidung auf, wie man sie alltäglich in Addis sehen kann, wenn auch teilweise mit einem leicht exotischen Touch, die Darstellungen bestehen weit überwiegend aus Hüftschwingen und Busenwiegen.

Und dann die große Überraschung: ich werde gefragt, ob ich den Mädchen einen "Juice" ausgeben wolle. Dummheit wird bestraft, ich habe zugestimmt, sogar einer zweiten Lage. Mir kamen dann allmählich Zweifel an der Veranstaltung, ich hatte auch schon richtig Hunger, also wollte ich bezahlen und gehen, also die Rechnung verlangt. Es war wie ein Schlag auf den Kopf mit dem Vorschlaghammer: 1.220 Birr, also umgerechnet rund 135 US-Dollar. Die zwei Bier, die ich getrunken hatte, kosteten 20 Birr, der Rest war für das in der Herstellung angeblich sehr aufwendige und langwierige Gesöff, jedes Glas kostete demzufolge rund 10 US-Dollar. Es half alles Streiten nichts (im Nebenraum saßen drei kräftige Typen!), der junge Mann, obwohl sicher nicht wohlhabend, hat seine zwei Gläser selbst bezahlt, der Rest verblieb bei mir, mein Verhandlungserfolg mit rund 100 Dollar war marginal. Ich bin schon lange nicht mehr so schamlos ausgenommen worden! Man kann ja auch mit 68 Jahren noch jugendlich unbedarft sein!

Von Addis Abeba nach Badir Dar

Am nächsten Morgen, die Geschichte hat mir unruhigen Schlaf beschert, war ich kurz nach 6.30 Uhr raus, etwas unsortiert, und bin um etwa 7.45 Uhr abgefahren, immer noch richtig sauer. Nach dem Tanken war ich um ca. 8.00 Uhr aus der Stadt, in zügiger Fahrt ging es aus den Höhenlagen immer weiter nach unten, irgendwann immer im breiten Tal mit kärglicher Vegetation, trotzdem aber großflächige Landwirtschaft mit Feldern und viel Vieh, natürlich meist auf der Straße.

Man ist nun unterwegs in Regionen, in denen keine Wildtiere mehr auftauchen, die Besiedlung neben der Straße ist nahezu ununterbrochen. Die Bauweise ist meist gleich: entweder Rund- oder Rechteckhütten, aus Lehmziegeln gebaut, Dächer aus Stroh oder Wellblech, manchmal sind die Mauern aus Stangengerüst, man denkt unwillkürlich an die Fachwerkbauten bei uns, wenn's hier auch primitiver aussieht.

Es bleibt meist eintönig, Täler mit gelegentlichen Hügeln links, rechts, immer wieder mal sowas wie Waldstücke, auch an den Hängen. Ca. 200 km vor Badir Dar kommt dann plötzlich ein steiler Abstieg in einen sehr tiefen Einschnitt in der Landschaft: der Blaue Nil hat sich hier sein Bett eingegraben. Der Abstieg war, laut Roberts GPS, ca. 1.500 Höhenmeter, wo vorher gute Asphaltstrecke erfreut hat, war in diesem Abschnitt plötzlich wieder üble Schotterstrecke geboten, wegen Bauarbeiten zusätzlich veredelt. So ging's dann auf der anderen Seite auch wieder rauf (was allerdings leichter fällt als das Runterrodeln im steilen Gefälle, von LKW immer wieder in der Spurenwahl drastisch beschränkt. Die Weiterfahrt nach dem Aufstieg, nach einer kleinen Pause am Straßenrand, wurde durch sturzbachartige Regengüsse versüßt, die allerdings den Vorteil hatten, dass plötzlich die Straße nahezu menschen- und tierfrei war.

In Badir Dar dann zwei erfreuliche Tatsachen: das angepeilte Hotel Ghion hatte ich nach zwei Rückfragen bei Passanten schnell gefunden, dort hat sich dann herausgestellt, dass unerwartet Frauke und Robert
auch noch da waren. Sie waren im Ort unterwegs, wir konnten uns aber bald, nachdem ich mich, frisch geduscht, wieder wohl fühlte, umarmen und uns über das Wiedersehen freuen. Ein angenehmer gemeinsamer Abend mit gutem Essen im parkähnlichen Garten, fast direkt am See.

Beim Gespräch beschließen wir, das Abenteuer Sudan und Fahrt nach Ägypten auf der Straße zu absolvieren (entgegen dem usprünglichen Gedanken, die schwierige Etappe im Nordsudan per Eisenbahn zurückzulegen). Gemeinsam werden wir's schon schaffen. Ich kann mich richtig freuen auf diese Etappen und das damit verbundene Abenteuer: was ich erhofft hatte, nämlich Aufstellhilfen nach Umfallern mit dem Motorrad, die kommen würden in den Sandpassagen, war dank der Begleitung durch Frauke und Robert gegeben, es war leider öfter nötig, als ich das gerne hatte.

Von Badir Dar nach Gondor und Ghidarif

Gondor ist ein kleines Nest mit langjähriger Geschichte, wir waren nach verspätetem Aufbruch und zwischenzeitlichem Regen irgendwann am späten Nachmittag eingelaufen und haben im Guesthouse Kathrin und Roland, die beiden Lehrer aus Kaufbeuren (erstmals kennengelernt in Nairobi) wieder getroffen. Die beiden waren schon einige Tage da, also wählten wir uns, auch so beraten, die uralte orthodoxe Kirche als Besichtigungsobjekt aus. Es war sehr interessant, ich hatte ähnliches schon in Asien gesehen. Es schloss sich ein angenehmer Abend mit guten Gesprächen beim Essen an. Irgendwann in dieser Zeit hat Robert einige Unterlagen vergessen/verloren, nach denen wir am nächsten Morgen erst noch (erfolglos) suchten. Wir kamen dadurch natürlich erst mit deutlicher Verzögerung los.

Nach der Fahrt über ordentliche Schotterstrecken waren wir etwa 14.20 Uhr an der Grenze zum Sudan, mussten aber wegen der Siesta der Grenzer bis 15.00 Uhr warten. Die Abfertigung auf äthiopischer Seite ging schnell und zügig (wie die Visabeschaffung in Nairobi), auf sudanesischer Seite dagegen umständlich, zeitraubend und wenig erfreulich (wie bei der Visabeschaffung in Nairobi). Es waren die Stationen Immigration, Customs und Security zu absolvieren, überall äußerst wichtige Menschen, die sehr viel Zeit brauchten, ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit nachzukommen. An jeder Station waren immer mehrere Kladden auszufüllen, meist mit denselben Daten, die vorher schon erfasst worden waren. Muster-
beispiele durchorganisierter Bürokratie.

Wir konnten erst um ca. 18.15 Uhr weiterfahren, bald war wieder Spritspende aus Roberts Tank für Frauke angesagt (es gibt keine Tankstelle an der Grenze und auf der Strecke bis Ghidarif!), es wurde bald dunkel. Für mich war die Annäherung an Ghidarif in der Nacht, obwohl im Schlepptau von Frauke und Robert, sehr schwierig, wegen der Blendung der entgegen kommenden Fahrzeuge, die oft rücksichtslos aufblenden, war es für mich sehr schwierig, in der Spur zu bleiben.

In Ghidarif war die Hotelsuche, wieder waren einige der angesteuerten kleinen Hotels voll, sehr schwierig. In einer fremden kleinen Stadt mit von Fussgängern und Marktleuten verstopften Straßen und Plätzen,
bei großen Schwierigkeiten in der Verständigung, war es trotz der freundlichen Hilfsbereitschaft vieler Menschen ein mühsames Unterfangen, die jeweils empfohlene nächste Adresse zu finden. Robert als
Führender hatte da echte Schwerarbeit zu verrichten.

Irgendwann war ein Quartier gefunden, nach Duschen raus zum Abendessen, etwa Mitternacht kamen wir ins Bett.

Khartoum

Ein stetiges Ärgernis mit immer wieder deutlichen Verzögerungen waren die geforderten Meldungen bei der Security. Reine, unsinnige bürokratische Schikanen. Die dabei auszufüllenden Zettel sind mit Sicher-
heit längst im großen Abfallbehälter gelandet. In Ghidarif hatten wir noch die zusätzliche Verzögerung, weil die Banken erst um 10.00 Uhr ihren Dienst aufnehmen, wir aber Dollar in die Landeswährung wechseln mussten. Als alles soweit erledigt war, war mein Vorderreifen platt, ich hatte es vorher weder untersucht noch bemerkt. Also Reifen abmontieren, einige hundert Meter zu einem Vordach mit
Kompressor, aufpumpen, Reifen macht guten Eindruck (hat er bis heute beibehalten!), noch Tanken, Abfahrt. Es war nun Mittag.

Wir waren nun, unter allen Aspekten, in der Wüste unterwegs, wenn auch erstmal auf guten Asphaltstraßen. Die Verdunstung der Körperflüssigkeit ist derart immens, dass wir auf 422 km dreimal Rast einlegen mussten, um zu trinken. Man nimmt am Tag 7 bis 8 Liter Flüssigkeit zu sich und kann trotzdem kaum pinkeln. Innerhalb von ein, zwei Tagen war es heiß geworden, es gab kaum noch Abwechslung, selten Vegetation.

Gegen Spätnachmittag fahren wir in Khartoum ein, die Stadt gefällt mir schon bei der Anfahrt: zwar ist der Verkehr recht dicht, aber man sieht im Stadtrandbereich keine Slums, dafür aber viele ordentliche
bis hübsche Gebäude, Handwerks- und Bürohäuser. Dank Roberts GPS fahren wir direkt und ohne Umwege zum Blue Nile Sailing Club, etwas außerhalb des Zentrums, direkt am Blauen Nil, wo wir unsere Zelte aufschlagen können.

Am nächsten Tag: wir sind im islamischen Sudan, es ist Freitag, alle Büros und die meisten Läden haben geschlossen, kein Museum ist geöffnet, wir müssen uns die Zeit auf dem Platz vertreiben. Wir machen
ein bisschen technischen Dienst, vor allem Kontrolle der Schrauben und Muttern auf festen Sitz, nach den vorherigen Rüttel-/Schüttelstrecken. An beiden Tagen essen wir, in Ermangelung einer Alternative, in einem recht ordentlichen Imbissstand gleich nebenan das folgende frugale Mahl: Bohnen (Fuul), zwei Spiegeleier, gemischten Salat, Fladenbrot - und zwar ohne Besteck und nur mit der rechten Hand (da jauchzt der Linkshänder!).

Wegen der Hitze hole ich erstmals seit Nordaustralien wieder meinen Alpenvereins-Seiden Hüttenschlafsack raus, was mir aber, nicht temperaturbedingt, beim Schlafen nicht viel hilft: auf dem Platz kehrt erst um ca. 3.30 Uhr allmählich Ruhe ein.

Es ist schade, dass wir von Khartoum nichts weiter gesehen haben, wir mussten weiter, die Sudanesen hatten uns in Nairobi einen sehr knappen Termin für die Einreise in den Sudan gesetzt, für die Durchreise
nach Ägypten nur sieben Tage. Wir können, wegen Meldung bei der Security, erst am Samstag vormittag losfahren, die Fähre von Wadi Halfa nach Assuan, Ägypten, geht am Mittwoch ab und wir haben eine
sehr schwierige Wegstrecke vor uns! Am nächsten Morgen also Security mit langer Warterei, daneben zur
Bank, nochmal Geld abheben, mit diesem zum Supermarkt, Getränke (sprich Cola und Wasser, man gewöhnt sich allmählich an das alkoholfreie Leben!) kaufen. Wesentlich später als erhofft kommen wir los.
Bevor wir auf den Asphalt rauskonnten, war noch Tanken nötig, wobei dort ein unverschämter Versuch gemacht wurde, mich übers Ohr zu hauen: die kaputte Tankuhr zeigte den zehnfachen Betrag an und der
Tankwart versuchte ungerührt, diesen bei mir zu kassieren.

Von Khartoum ueber Dongola, Oase 1 und Oase 2 nach Wadi Halfa

Die Fahrt von Khartoum nach Dongola (Samstag) war die Fahrt durch die Wüste auf schmalem, aber gutem Asphaltband, bei großer Hitze. Der Verstand war ausgesetzt, das Wahrnehmungsvermögen auch, es gibt also außer endloser Sand- und Steinwüste, meist eben und konturlos, nichts zu berichten. Ausnahme: die häufigen Trinkpausen, die gefühlten wie die realen Temperaturen liegen sicherlich über 50 Grad Celsius.

In Dongola wieder das übliche Bild: es dauert einige Zeit, bis wir ein Quartier gefunden haben, es ist schon spät, als wir zum Abendessen rauskommen. Die Motorräder von Frauke und Robert stehen in
einem kleinen Raum beim Eingang, ich muss, wegen Überbreite, um den Block fahren, auf der Rückseite gibt es einen kleinen Raum, tagsüber Büro, mit einer Tür, breit genug, dass wir mein Moped reinbugsieren können und die Tür grade noch zugeht. Ich erhalte den Schlüssel zu dem Raum.

Wir kennen bereits das Ritual (glaubten wir!): vor der Abreise noch zur Security. Wir werden sehr ungnädig empfangen, es gibt Verständigungs-Schwierigkeiten, es werden Photokopien der Pässe und der Fahrzeugpapiere benötigt, Robert rastet aus, er will seinen Pass auf keinen Fall aus der Hand geben. Einer der Polizisten, ein lüsterner Widerling, der immer wieder ein Foto von Frauke verlangte, war total
beleidigt und wollte Robert vom Hof schicken.

Es bedarf einiger Verhandlungen, bis unsere Angelegenheit weiterbearbeitet wird, der Hotelier wird herbeizitiert. Leider hatte sich die Stimmung bei uns kräftig aufgeladen, Robert und ich kamen uns in die
Haare, ein gut Teil der Verantwortung dafür liegt bei mir. Es war gut, dass wir später am Tag die Chance hatten, den Streit zu begraben, die Sache war den Streit auch nicht wert! Der Hotelier hat die Verantwortung (wir hätten uns sofort nach dem Eintreffen im Ort bei der Security melden müssen!) für den ganzen Ablauf auf sich genommen (würde mich interessieren, was er dafür zu löhnen hatte!), irgendwann konnten wir weiter. Tanken, zur Fähre, Übersetzen auf die Ostseite des Nils, es konnte losgehen.

Erstes Teilstueck, bis zur Oase 1

Unsere Hoffnung war, an diesem Tag mit zügiger Fahrweise etwa 250 - 280 km zurückzulegen. Die Piste hatte viele Sandeinlagen, ich bin mindestens siebenmal zu Boden gegangen, glücklicherweise hatten wir
Roberts GPS, es gab immer mal wieder Abzweigungen und Nebenpisten, natürlich ohne jegliche Ausschilderung. Dank des GPS konnten wir jeweils die richtige Richtung wählen bzw. auf die richtige Piste zurückkehren. Wir brauchten viele Pausen, viel Wasser. Unsere Tagesleistung betrug 105 km, bei vom GPS ausgewiesener Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Stundenkilometern. Es geht permanent durch die nubische Wüste, nichts außer Sand, Steinen und Hitze, selten einmal Menschen. Zwischendurch, in groeßerem Abstand voneinander, zwei kleine Ortschaften, graue, verstreut stehende rechteckige Lehmziegelbauten, die merkwürdig unbewohnt aussahen. Besonders im Gedächtnis haften
geblieben ist die Anstrengung, in der Hitze das Motorrad aufzuheben und das bisschen Kühlung, die der heiße Fahrtwind trotzdem vermittelt hat.

Am Spaetnachmittag sind wir in der Oase 1 (meine Bezeichnung) eingefahren und haben beschlossen, die Nacht hier zu verbringen. Es waren einige Einheimische und einige Reisende da, die Stimmung war freundlich. Es gab kühle Getränke, Frauke hat etwas gekocht, wir haben unsere Matten unter einem Dach auf einem einfachen Teppich über dem Sand ausgebreitet. Es gab eine komfortable Freiluft-Toilette,
im angrenzenden Palmenhain, unter einer Dattelpalme.

Zweites Teilstueck, bis zur Oase 2

Wir sind um 5.00 Uhr aufgestanden, haben unser Gepäck verladen und sind vor Sonnenaufgang abgefahren. Die Piste hatte deutlich weniger Sandeinlagen, ich bin auch "nur" dreimal abgestiegen, was mich sehr sehr geärgert hat und genau dreimal zuviel war. Die Sandeinlagen sind ersetzt durch eine extrem üble Rüttel-, Schüttel-, Schlag- und Stoßpiste, garniert mit groben Steinen und völlig unharmonischem Wellblech, eben allem, was die Motorräder und ihre Fahrer so richtig durchrüttelt. Teilweise weichen wir auf Nebenpisten aus, immer dann, wenn's so aussah, als wär's da glatter.
Hübsche Beobachtung: bei der Rüttelei erscheinen einem die Straße und die Landschaft wie stark verwackelte Fotaufnahmen.

Wir kommen trotzdem gut voran und erreichen am Abend die Oase 2, ein Bauernhof links der Straße, eine Art Wüsten-Raststätte auf der rechten Seite. In einer kleinen Hütte stehen drei Bettgestelle,
ohne Matratzen, auf denen wir übernachten. Wieder zaubert Frauke etwas zu essen herbei, wie schön kann doch Zigeunerleben sein!

Eine Toilette gibt es nicht, "go to the mountains", ca. 100 m ist eine kleine Schotter-/Felswand, in deren Schutz man sich hinsetzen (-stellen!) kann. Nachts musste ich zweimal raus, jedesmal eine Gelegenheit, den brillanten Wüsten-Sternenhimmel zu bewundern, nur das Kreuz des Südens war nicht mehr zu entdecken. Es bleibt auch nachts warm, ich ziehe mir als Decke und damit Mückenschutz den Hüttenschlafsack über, zwar gibt's angeblich keine Malaria in der Gegend, aber sicher ist sicher und lästig sind die Biester auch ohne Malaria.

Drittes Teilstueck, nach Wadi Halfa

Wieder um 5.00 Uhr raus, 6.30 Uhr Abfahrt. Die Piste ist besser als tags zuvor, auch wenn immer wieder raue Abschnitte zu absolvieren waren. Zum Ausgleich dafür finden wir immer wieder kürzere oder längere Strecken der im Bau befindlichen neuen Straße, die wir benutzen koennen.

Am Vortag sind wir näher an Wadi Halfa rangekommen, als wir zu hoffen gewagt hatten, nun sind wir schon um 9.15 Uhr am Ziel, Wadi Halfa am Nasser-Stausee. Wir sind glücklich, gratulieren uns gegenseitig und machen erstmal eine gemütliche Pause. Danach ins kleine, primitive, gefängnisähnliche Hotel, duschen, umziehen, 3 Wüstentage hatten ihre Spuren hinterlassen.

Wadi Halfa ist eine kleine Stadt, die ihre Bedeutung ausschließlich aus der Tatsache bezieht, dass sie im Sudan den Hafen bildet für die Fährverbindung nach Ägypten (es ist die einzige offizielle Verbindung zwischen den beiden Staaten).

Eigentlich wollten wir soviel wie möglich noch an diesem Tag erledigen, wurden aber bei der Immigration, beim Zoll und beim Motorrad-Ticketbüro am Hafen auf den nächsten Tag verwiesen (Einchecken war
fuer 14.00 Uhr vorgegeben, Auslaufen für 17.00 Uhr geplant). Was wir erledigen konnten, war der Kauf der Tickets fuer uns, 1. Klasse, 70 US-Dollar (für die Motorräder durften wir am nächsten Tag je Maschine
132 US-Dollar löhnen). Die Mehrausgabe für die 1. Klasse war eine gute Investition, wir hatten abschließbare Kabinen und ordentliche Betten. Die 2. Klasse-Passagiere können sich um die zu wenigen Sitzplätze balgen oder oben auf dem Deck nächtigen - es sah aus wie das Nachtlager von Granada.

Auch hier wieder die ständige Belästigung, wenn man durch den kleinen Ort geht, jeder will einem irgendetwas verkaufen oder seine Hilfe beim Einchecken aufdrängen. Ich hätte gerne einmal einige Shisha-Raucher fotografiert, die man in nahezu allen Orten irgendwo zusammensitzen sieht, aber die Ablehnung war allgemein.

An Bord der Sinai, auf dem Weg von Wadi Halfa nach Assuan/Ägypten

Gestern abend hatten wir in dem kleinen Restaurant, in dem wir unsere Ankunft feierten, unser Abendessen: Fisch, Brot, Kartoffel. Warum können die Menschen, die seit jeher am Fluss siedeln, keinen ordentlichen Fisch zubereiten? Mit am Tisch saß die Kanadierin, die wir schon mehrfach getroffen
hatten (sie will Frauenrechtlerin werden, ist aber trotzdem eine liebe, nette und aufgeschlossene Person!). Sie bereitet ihren Studienabschluss vor mit zwei Feldstudien, eine im Sudan und eine in der Mongolei, und verbindet diese mit einer ausgedehnten Reise, sowie eine Italienerin mit ihrem namibischen Freund, sie sind mit einer Honda Transalp von Nord nach Süd unterwegs. Info- und Erfahrungsaustausch.

Am nächsten Morgen mussten wir erst unsere Motorrad-Tickets kaufen, die Ausreise-Formalitäten erledigen (oh heilige Bürokratie!), dann zum Zoll am Hafen. Eine stundenlange Prozedur, von Pontius zu Pilatus, Diskussionen... Für einige Zeit war Frauke voellig verschwunden, ich wurde schon nervös (Robert war stark erkältet und hat den Part des Aufpassers bei den Motorrädern übernommen). Als ich ultimativ forderte, mich sofort zu Frauke zu bringen oder den Chef der Polizei herbeizuzitieren, kam Frauke zurück, mit zufriedenem Lächeln und in Begleitung eines der Typen, der uns seit dem Vortag ständig mit vielen
Worten seine Unterstützung (die wir aus Kostengründen nicht haben wollten!) angeboten hatte. Es stellte sich heraus, dass er tatsächlich, was wir ihm nicht glauben wollten, offiziell unterwegs war, die
weitere Abfertigung war mit seiner Hilfe schnell erledigt.

Wir mussten warten, bis alle Passagiere an Bord waren, dann konnten wir unsere Motorräder unter Mithilfe mehrerer kräftiger Männer über die hohen Stufen und eine hohe Türkante in den Eingangsbereich
der Fähre bugsieren, wo sie für die weitere Reise stehenblieben. Kurz nach 17.00 Uhr lief die Fähre aus. Zwischendurch hatten wir unsere Kabinen bezogen, glücklicherweise war ich in meiner alleine, ohne fremden Mitschnarcher. Bald nach dem Ablegen gab's das im Preis enthaltene Abendessen, eine Art sähmige Spinatsuppe, Kartoffeln in Soße, Reis, darauf ein bis zwei kleine Stückchen Fleisch.

Wir sind auf dem Weg nach Ägypten.

Es wird Zeit, durchzuatmen, die Seele nachkommen zu lassen. Für mich stellt sich die Frage, wie ich die Reise durch Ägypten anlege, weil sich die Wege von Frauke und Robert und meiner in Assuan trennen: sie
müssen deutlich vorwärtsfahren, damit Frauke rechtzeitig zum Antritt ihrer neuen Stelle als Schulmeisterin in Deutschland ankommt.

Irgendwann im Laufe des späteren Abends überqueren wir auf dem Nasser See die (fiktive) Grenze zwischen dem Sudan und Aegypten. Schwarzafrika liegt hinter uns! Ich habe das als einen tiefen Einschnitt empfunden, einige Reminiszenzen an das südliche Afrika werde ich als Übergang an den Anfang des Ägypten-Berichts stellen. Für diesmal bedanke ich mich wieder einmal für Euer Interesse und
Eure Geduld, pharaonische Grüße von Eurem

Dankmar
Anfang Juli 2007


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