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Nicht der bekannte Lago di Garda, sondern der oberitalienische Bruder mit der außergewöhnlichen Form eines kopfstehenden Ypsilons sollte dieses Mal das Ziel für unsere MTB-Touren werden. Um sechs Uhr morgens bei Heidelberg gestartet, war Trezzone im nördlichen Teil des Sees bereits am frühen Nachmittag erreicht. Die Gassen in diesem ursprünglichen italienischen Bergdorf sind so schmal, dass man gerade ein Bike neben sich schieben kann, an ein Befahren der Gassen mit motorisierten Gefährten ist nicht zu denken.

Nach einer kleinen Tour zum Aufwärmen am Anreisetag steht am nächsten Tag die Tour zum Lago di Mezzola auf dem Programm. Auf ca. 800 Höhenmetern, wenige Kilometer nach Bugiallo, bietet sich den Bikern ein erster traumhafter Blick auf den See. Auf 1204m Höhe an einer Holzrampe machen sich gerade zwei Hängegleiter-Piloten zum Start bereit und heben kurz darauf gegen den Aufwind am Südhang ab. Nach technisch anspruchsvoller Trailabfahrt mit einigen Tragepassagen wird in Selve ein Brunnen zur Abkühlung genutzt, 31° C zeigt das Thermometer bereits Ende Mai. Zwei Hunde rennen den Bikern im verschlafenen Bergdorf Dolo hinterher, geben die Hatz jedoch nach wenigen Metern wieder auf. Dann folgte das erste „Rüttelmonster“, ein kleiner Eselspfad mit Kopfsteinpflaster und treppenartigen Absätzen, der bergab ordentlich Arbeit für die Federgabel und den Dämpfer bringt. Die letzten Meter verlaufen über Kehren durch die Weinberge bis zum Ortskern von Sorico. Am Ufer werden insgesamt fünf Platten geflickt und über zehn Dornen aus den Mänteln entfernt. Ein freundlicher Belgier reicht vom angrenzenden Campingplatz seine Standpumpe herüber, die die Biker zum leichteren Aufpumpen der Reifen gerne annehmen.

bliock ins tal

Die nächste Tour startet nicht mit einer Talfahrt. Stattdessen geht es direkt von Trezzone hoch in Richtung Argigno mit einer maximalen Steigung von 18%. Aufgrund der ungenauen örtlichen Karte (1:30.000) schlagen sich die Biker durch ein Kastanienwäldchen aufwärts bis zur Via dei Monti Lariani (VML). Spruch während dem Tragen der Bikes: „Hier hätte früher auch mal ein Weg sein können“. Nach dieser langen, ungewollten Wandereinlage geht es nun von Tabbiadello nach Trobbio und weiter bis Barro di Vercana, einem kleinem Bergdorf, in dem die Herausforderung der Schildersuche (zu viele) wartet. „Ich hab auch noch eins entdeckt“. „Schon um 12 Uhr Nachts sind wir bestimmt wieder zurück!“ Nach anstrengendem Wandern aufwärts mit geschulterten Bikes folgen auch bergab teils extrem steile Tragepassagen auf dem Wanderweg, bis endlich der Bach T. Livo erreicht wird. Dort nehmen die Biker ein erfrischendes Bad. Zum einbetonierten Jugendrad an der Hütte bei Madonna di Livo meint die Wirtin trocken „Velo de Pantani“. Nun geht es weiter talwärts bis Livo - Peglio - S. Eusebio, an dessen Brunnen neben der malerischen Kirche die Trinkflaschen aufgefüllt werden - Travisa - S. Carlo. Nach Stop bei der Pizzeria in Domaso, direkt am Ufer des Lago, geht es über Gera Lario zurück bis Trezzone.

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fußbad watercrossing ganz oben tunnel

Am folgenden Tag steht die Königsetappe auf dem Programm. Bereits um 5:00 Uhr ist die Nacht beendet und man rollt bald darauf in Richtung Colico zur anderen Uferseite. Die Biker folgen der Uferstraße bis Dervio. Von da an geht es bergauf nach Vestrone - Sueglio - Introzzo - Tremenico - Aveno bis Gallino. Dann weiter zur Alpe Campo - Alpe Vesina - Beggio und zum Gipfelgrat Legnone (Bocchetta alta Legnone auf 2400m). An einem von mehreren ca. 40° geneigten Schnee- und Geröllfeldern ist die Rundtour beendet. Die maximale Höhe der Tour ist fast erreicht, doch trennen die Biker noch 150m Wegstrecke und mehrere Schneefelder von der Stelle der Abfahrt. Auf dem Osthang der geplanten Abfahrt ist deutlich mehr Schnee zu erwarten. Die Entscheidung ist schnellt gefällt und so geht es nach kurzer Pause auf demselben Weg zurück ins Tal. Nach der Alpe Vesina bietet sich abseits vom Versorgungsweg ein Singletrail an, den die Biker für die weitere Abfahrt wählen. Der nur ca. 20 Zentimeter breite Traumtrail führt durch den Wald bergab, bis dieser wieder auf den geschotterten Hauptweg trifft. Die kleine urige Bar in Aveno bietet leider kein Abendessen an. In Tremenico werden die Biker dann fündig. Die Wirtin der Pizzeria unterhält sich dort gerade mit einigen Ortsansässigen, die mit einem Bier an der Theke stehen. Auf Anfrage bietet sie „Pasta“ und „Insalata mista“ als einziges Essen an. Die hungrigen Biker nehmen sofort dankbar an. Kohlenhydrate werden kurz darauf in Form von köstlichen Spaghetti gereicht. Mit vollem Magen rollen die Mountainbiker eine dreiviertel Stunde später bergab bis Dervio und auf der Uferstraße zurück bis Gera Lario und hoch nach Trezzone. Der Tacho bleibt diesem Tag bei 104 Kilometern stehen, das GPS meldet 2.749 Höhenmeter.

Nach ausreichend Schlaf und gutem Frühstück wird gestartet zum Monte Bodone. Zunächst geht es in Richtung Gaggia. Eine steile Rampe wird auf gepflastertem Pfad überwunden. Bei einem verlassenen Haus links weiter nach San Carlo, dann nach Travisa. Bei der kleinen Kirche nach Peglio führt eine geteerte Straße links ab zum Mte. Bodone. Bis zu einer Wiese wird gekurbelt, unterhalb vom Gipfel mit Traumblick auf den gegenüberliegenden Berg Mte. Legnone und den Lago. Zurück auf der Straße bis zu einer bewirtschafteten Hütte mit einem Jagdhundwelpen, der sich am Schuh zu schaffen macht und sich auch für die Waden des Besitzers interessiert. Nach der Kirche gerade aus beginnt kurz darauf der Traumtrail auf dem Sasso Pelo (kleiner Vorberg) des Mt. Bodone bis ins Tal. Dieser Trail ist mit seinen engen Kurven extrem abwechslungsreich und stellt eine willkommene Herausforderung für jeden Biker dar. Besonders die Schlüsselstelle unterhalb von Segna ist mit ihren Absätzen und der Nähe zur Steinmauer anspruchsvoll, bevor man in Domaso den Ausgangspunkt erreicht. Kurz vor dem Erreichen des Lago wird Platten Nr. 13 geflickt.

Die nächte Tour führt zum Monte Galbiga. Startpunkt ist in Lenno, wo die Autos geparkt werden. Die ersten Meter rollen die Biker entlang des Seeufers auf der Straße bis Argegno. Dort fährt die nächste Seilbahn erst um 14:05 Uhr, mit der die Gruppe von vier sowie weiteren drei Passagieren aus Amerika und den vier Mtbs von 210m auf 859m hoch zur Bergstation Pigra geliftet werden. Durch das malerische Bergdorf rollen die Biker nun bergauf, ein seltener Wolfmilchschwärmer wird fotografiert. Weiter geht es zur aus dem ersten Weltkrieg stammenden Militärstraße „Alpe di Colonno“. Über sechs Kilometer steigt der Weg bis zur Alpe Fanini auf 1576m an. Die Biker folgen der Beschilderung Strada Lomia Corniga Rif. Buffalora - Alpe di Lenno - Rif. Venini. Ein 100 Meter langer Tunnel (auf 1.100m Höhe) wird durchfahren. Nach dem Durchqueren des Felsens geht es weiter nach Monti di Nova (821m). Zurück in Lenno wird ein ca. 15m hoher Magnolienbaum mit ca. 1m Stammdurchmesser und einem max. Durchmesser von 12 Metern bei einem Bier im gleichnamigen Restaurant „La Magnolia“ bewundert.

Die Abschlusstour führt von Sorico über einen kleinen knackigen Anstieg auf schmalem Pfad bergauf. Weiter geht es leicht auf und ab über Quesero. Am See Laghetto di Peschiera genießen die Biker den letzten grandiosen Ausblick, bevor es wieder zurück geht bis Albonico, weiter nach Dascio. Danach folgt ein etwas anspruchsvoller Singletrail bergab, der aber sehr gut befahrbar ist. Auch an diesem Tag geht es erneut über auf dem Weg liegende Dornenranken. Man erreicht die Uferstraße bei der Brücke Ponte del Passo.

lago

Fazit: Der an der Schweizer Grenze gelegene See bietet MTB-Touren durch die noch nicht vom Tourismus eroberten lombardisch-tessinischen Alpen. Der See mit seinen drei Armen bettet sich Y-förmig in eine beeindruckende Bergkulisse ein. Die Dörfer, wenige Höhenmeter oberhalb der Uferstraße, könnten ursprünglich italienischer kaum sein. Den Trail-interessierten Biker erfreuen vor allem die zahlreichen Pfade mit vielen Ausblicken auf die Bergwelt und den See. Meist handelt es sich dabei um Versorgungswege zu hochgelegenen Almen oder Militärwege aus dem ersten Weltkrieg. Trotz der Summe von 22 (!) Platten, die immer wieder für ungewollte Stops sorgten hatten die Biker jede Menge Spaß auf den Singletrails und konnten auf 294 Kilometern 8.698 Höhenmeter sammeln.

Text: Stefan Ebert
Bilder: Roland Heidt und Stefan Ebert

 

Die
Dornen-
trails am
Lago
di Como

 













 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
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